Buchkritik -- Peter Scholl-Latour -- Russland im Zangengriff

Umschlagfoto  -- Peter Scholl-Latour  --  Russland im Zangengriff Am 26. Dezember 1991 wurde die UdSSR aufgelöst. Das Zeitalter des Kalten Krieges war vorbei und die Welt erhoffte sich einen dauerhaften Frieden. Heute ist die Situation eine vollkommen Andere. Der Frieden wurde durch einen, von US-Präsident Bush ausgerufenen Kreuzzug gegen den Islamismus ersetzt, die Globalisierung der Wirtschaft fordert auch und gerade von den Industrienationen einen großen Tribut. Wie steht es jetzt um Russland bestellt? Wo liegt seine geopolitische Rolle in einer veränderten Welt und wie behauptet es sich im Konzert der mächtigen Nationen?

Peter Scholl-Latour begab sich wieder einmal auf Reisen. Diesmal durch und um Russland herum. Sein Buch Russland im Zangengriff beschäftigt sich mit der aktuellen Situation der ehemaligen Supermacht Sowjetunion.

Wer die bisherigen Bücher von Scholl-Latour kennt, der weiß, wie treffend seine Analysen bislang waren. Man erinnere sich an seine Voraussagen betreffend die US-amerikanische Niederlage im Irak-Krieg. Auch sein aktuelles Buch ist prall gefüllt mit Analysen und historischen Verweisen.

Sein Fazit lautet, daß Russland zwar seine inneren Verhältnisse stabilisieren konnte, sich aber an seinen Außengrenzen die Konflikte zusammenbrauen. Die Re-Islamisierung des Südens, die Osterweiterung sowohl der EU, als auch der Nato bedrohen das Sicherheitsgefühl Russlands. Zudem ist das dünn besiedelte Sibirien dem Bevölkerungsdruck und der wachsenden Wirtschaftskraft Chinas ausgesetzt.

Der Autor schildert diese Entwicklungen mit gewohnter Souveränität und aus einer profunden Kenntnis der historischen Fakten. Seine Beurteilungen und Einschätzungen liegen deshalb denen von europäischen Politikern meist diametral entgegen. Während diese hauptsächlich ideologisch-wirtschaftlich argumentieren, betrachtet Scholl-Latour die geschichtlichen Entwicklungen, die immer wieder und gerade in unserer Zeit, zu Konflikten und Unruhen führen. Wie schnell Fehlinterpretation und Unkenntnis der historischen Fakten im Zusammenspiel mit borniertem Gutmenschentum zu chaotischen Verhältnissen führen, zeigte aufs Deutlichste der Krieg im ehemaligen Jugoslawien.

Für Scholl-Latour kann die Gegenwart nicht richtig verstanden werden, wenn man nicht die historischen Voraussetzungen kennt. Eine Einstellung, die auch, oder gerade deutschen Politikern anzuraten ist. Nur mit dem erklärten Willen "Gutes", nämlich Demokratie zu verlangen, die geschichtlichen Fakten aber auszublenden, kann keine realistische Politik geführt werden.

Sprichwörtlich dafür ist die Meinung des Autors über die Orange-Revolution der Ukraine. Was in westlichen Medien wie eine Heilsgeschichte geschildert wurde und ihre Führer zu quasi-religiösen Gestalten stilisiert, entlarvt Scholl-Latour als eine von ausländischen Organisationen unter Beteiligung des Spekulanten George Soros inszenierte Farce, mit dem Ziel, US-amerikanischen Einfluss zu etablieren.

Es lohnt auch diesmal wieder Scholl-Latour zu lesen. Wer es macht, der erfährt so manches, das den Weg nicht in die westlichen Medien gefunden hat. Wer glaubt Russland und seine aktuelle Politik, aber auch seine aktuellen Probleme verstehen zu können, ohne die lange Geschichte dieses immer noch riesigen Staates zu kennen und zu würdigen, der macht einen großen Fehler. Europäische und US-amerikanische Politiker sind gerade dabei ihn zu begehen.




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