Buchkritik -- Mark Bowden -- Worm: Der erste digitale Weltkrieg

Umschlagfoto  -- Mark Bowden  --  Worm: Der erste digitale Weltkrieg, InKulturA Das Internet ist eine der bedeutendsten Innovationen der Neuzeit. Was im Jahr 1962 mit dem Arpanet (Advanced Research Projects Agency Network) begann und ursprünglich als dezentrales Netzwerk geschaffen wurde, um verschiedene US-amerikanische Universitäten, die im Auftrag des Verteidigungsministeriums forschten, miteinander zu verbinden, hat längst seinen Einzug in Wirtschaft und Gesellschaft gefunden. Soziale Netzwerke aber auch die Steuerung von Versorgungsbetrieben wie Stromerzeuger, Wasserwerke oder Atomanlagen werden längst von vernetzten Computern überwacht und gesteuert.

Für die moderne Kommunikation, ebenso für Unternehmen und Politik ist das Internet von großer Bedeutung. Die wirtschaftliche Tragweite einer funktionierenden Kommunikation ist natürlich auch kriminellen Elementen bewußt und aus diesem Grund ist die Cyberkriminalität eine ernst zu nehmende Bedrohung für die globalen Gesellschaften. So wurde Estland im Jahr 2007 das Opfer einer Attacke aus dem virtuellen Raum des Internets und kurze Zeit drohte dem dortigen Bankensystem der totale Absturz. Die USA betrachten einen Cyberangriff als kriegerischen Akt und behalten sich aufgrund dessen militärische Reaktionen vor.

Im November 2008 infizierte der Wurm "Conficker" innerhalb weniger Wochen weltweit Millionen von Rechnern. Einmal in ein fremdes System eingedrungen, bildete er mit anderen Computern ein Netzwerk, das von außen gesteuert und der Kontrolle der User entzogen wurde. Mark Bowden hat in seinem Buch "Worm: Der erste digitale Weltkrieg" die Ausbreitung des Wurms und die Gegenmaßnahmen von Computerexperten beschrieben.

Das Thema Internetkriminalität betrifft die moderne Welt in einem ungeahnten Ausmaß. Individuelle Sorglosigkeit aber auch eine schlampige Programmierung seitens der Softwareanbieter ermöglichen potentiellen Angreifern das Eindringen in fremde Systeme und deren "feindliche" Übernahme.

Leider erzählt der Autor von diesen Kampf in einer Art und Weise, die eher an einen Marvel-Comic erinnert, als daran, welche Brisanz das Thema in einer globalisierten Welt besitzt. Es ist permanent die Rede von "Geeks", "Nerds", "weißen" und "schwarzen Rittern" und, ganz besonders nervend, immer wieder von "den Jungs", die den Kampf in ihrer Freizeit und ohne finanzielle Beweggründe aufgenommen haben. Man ist versucht zu glauben, folgt man der Beschreibung von Bowden, dass die Sicherheitsmaßnahmen US-amerikanischer Unternehmen von so ungenügender Natur waren, dass stets der Zusammenbruch oder zumindest eine kriminelle Manipulation drohte.

Zweifelsohne sind die Mitglieder des, noch so ein Begriff, den Mark Bowden etwas überstrapaziert, "Tribes", eine handverlesenen Computerelite, fachlich hochspezialisierte Individuen, die auch so manches Vorurteil in Bezug auf die Marotten und die sozialen Gepflogenheiten seiner Mitglieder bestätigen, so ist doch die Schilderung des Kampfes gegen den Wurm "Conficker" infolge der übermäßig beschriebenen und dem Leser endlos vorkommenden Telefonkonferenzen, Meetings und Konferenzen eher langatmig als wirklich informativ.

Das Resultat der Bemühungen des "Tribes" und der Schluss des Buches lassen dann auch etwas Ratlosigkeit beim gutwilligen Leser aufkommen. Der oder die Urheber des Wurms konnten nicht ermittelt werden und die befürchteten Folgen blieben aus. Ein etwas halbherziges Ende findet sich in der Schuldzuweisung an die Adresse der Programmierer von Microsoft, die, so jedenfalls die Aussagen der im Buch zu Wort kommenden Softwarespezialisten, diese Infektion durch einen unzureichenden Schutz des Ports 445, einer internen Schnittstelle von Microsoft Windows überhaupt erst ermöglicht haben.

Das ist in Anbetracht des etwas reißerisch aufgemachten Titels dieses Buches doch etwas wenig.




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