Buchkritik -- Peter Wohlleben -- Das Seelenleben der Tiere

Umschlagfoto, Peter Wohlleben, Das Seelenleben der Tiere, InKulturA Peter Wohlleben trifft mit seinen nunmehr zwei Büchern den Nerv der Zeit. Langsam aber sicher dämmert es auch dem letzten Materialisten, dass Pflanzen, Bäume und auch Tiere mehr sind als seelenlose Apparate, deren Existenz ausschließlich der Nutzung durch den Menschen dient.

In seinem neuen, einmal mehr aufschlussreichen und informativen Buch "Das Seelenleben der Tiere" beschreibt er eine Welt, die den meisten Menschen (noch) verborgen sein dürfte. Tiere, so der Autor, empfinden Gefühle wie Trauen, Wut und andere, bislang nur dem Menschen zugesprochene Emotionen.

Es scheint, nicht nur Peter Wohlleben sei es gedankt, dass sich eine Ära des Schreckens bezüglich unseres Umgangs mit Tieren dem Ende zuneigt. Tierversuche und Massentierhaltung sind in zivilisierten Kulturen längst Gegenstand heftiger Kritik geworden und immer mehr Menschen wenden sich gegen die qualvolle Ausbeutung von sog. Nutztieren.

Dabei ist der Autor weit davon entfernt eine tierische Idylle nach dem Muster Disney zu entwerfen. So sind z. B. die possierlichen Eichhörnchen gnadenlose Jäger von Jungvögeln. Die Natur selbst ist gnadenlos und nichts weniger als eine bukolische Idylle. Nichtsdestoweniger ist es an der Zeit, unser Verhältnis zur belebten Umwelt zu revidieren und einen ethisch einwandfreien Umgang mit den lebenden Ressourcen zu betreiben.

Leider, und das ist ein Manko der Bücher Wohllebens, spricht der Autor die philosophischen Implikationen des dringend gebotenen Paradigmenwechsels nicht an. Das mag seinem Beruf - Wohlleben ist Förster - geschuldet sein oder, weitet man den Kreis der Verantwortlichen aus, zu dem natürlich nicht nur die Leser des Buches gehören, dann ist es die dramatische Korrektur unsere Lebensweise, die dringend geboten scheint.

Was eigentlich jedem Tierhalter bewusst ist, muss anscheinend einem großen Teil der Bevölkerung erst bewusst werden. Wer, nur als Beispiel, um den Stress und die Angst solch intelligenter Tiere wie Schweine in der Massenhaltung weiß, der betrachtet sein Schnitzel auf dem Teller wohl mit anderen Augen.

Dabei will Wohlleben nichts weniger als den Genuss eines gut gewürzten Brathähnchens vermiesen. Er weiß, dass der Mensch ein Omnivore ist und aus diesem Grund wohl auch immer das Schlachten auf der Ernährungsagenda stehen wird. Worauf der Autor mit zahlreichen Beispielen hinweist, ist die Tatsache, dass, man wagt es gar nicht zu schreiben, Tiere eine Seele besitzen und aus diesem Grund eine respektvolle Behandlung erwarten dürfen.

Begibt man sich allerdings tiefer hinein in die Diskussion über die Frage, wo intelligentes und empfindungsfähiges Leben beginnt, dann gerät auch ein Vegetarier, viel mehr allerdings noch ein Veganer, auf gefährliches Terrain. Denkt man nämlich diesen Gedanken konsequent zu Ende, dann bedeutet das nichts weniger, als dass der Mensch permanent im Zustand der Schuld lebt.




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Veröffentlicht am 5. September 2016