Buchkritik -- Michael Winterhoff -- Deutschland verdummt

Umschlagfoto, Buchkritik, Michael Winterhoff, Deutschland verdummt, InKulturA „Im Grunde müssten Juristen prüfen, ob die heutigen Unterrichtsformen den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung erfüllen.“ Dieser Satz, formuliert von Michael Winterhoff in seinem Buch „Deutschland verdummt“, hat es in sich, doch wer schulpflichtige Kinder hat und seine sieben Sinne noch beisammen, der kann dem Autor nur zustimmen.

Seit Jahren wird in Deutschland Schulpolitik nicht nach den altersgerechten Bedürfnissen von Schülern und Schülerinnen ausgerichtet, sondern sie ist ein ideologisches Schlachtfeld vorwiegend linksrotgrüner Kampftruppen, die weniger die biologisch-psychologischen Voraussetzungen der verschiedenen Altersstufen im Blick haben, sondern sich einem Gleichheitswahn verschreiben, der nicht dazu angetan ist, Kindern zu ermöglichen, ihre Psyche unter Anleitung erfahrener Lehrer und Lehrerinnen zu entwickeln.

In dem zwar löblichen, an der Realität jedoch scheiternden Credo „Wie nehmen alle mit“ zeigt sich die Crux ideologisch motivierter Schulverhinderungspolitik. Der politisch korrekte Gleichheitswahn – jeder kann und soll unabhängig von seiner sozialen Herkunft alles erreichen – hat sich längst als Totengräber erfolgreicher Schulpolitik entwickelt, denn um diese sozialpädagogische Utopie zu erreichen, werden ganze Schülergenerationen auf dem Altar sog. Schulreformen geopfert.

Schüler, Kinder und Jugendliche werden nicht mehr dort abgeholt, wo sie sich altersgemäß befinden, sondern von ihnen wird verlangt, selbst darüber zu entscheiden, was, wie und wo sie lernen wollen. Wie war das mit der „unterlassenen Hilfeleistung“? Um das politisch verordnet Ziel zu erreichen, so vielen Schülern und Schülerinnen das Abitur und damit die Hochschulreife zu ermöglichen, bleibt aufgrund der nicht außer Kraft zu setzenden kognitiven Voraussetzungen nur die Absenkung der schulischen Anforderungen, mit dem Ergebnis, dass ein großer Teil derjenigen, die den ideologischen Rattenfängern der allgemeinen Gleichheit auf den Leim gegangen sind, feststellen müssen, dass sie weder für ein Studium noch für eine Berufsausbildung die notwendigen Voraussetzungen besitzen – den zahlreichen „Schulreformen“ sei gedankt.

Michael Winterhoff legt den Finger in eine schon lange schwärende Wunde. Schulpolitik ist zu einem Tummelplatz für Parteiideologen mutiert, die partout die Realität an ihre Vorstellungen anpassen wollen (Verhaltensauffällig wird im Neusprech zu Verhaltensoriginell umformuliert) und dabei nicht wissen, oder nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass dabei viele, zu viele Schüler und Schülerinnen dazu gezwungen werden, auf dem geistigen Niveau von Kleinkindern zu verharren. Keine schönen Aussichten für die Zukunft.

Keine Zensuren, keine Diktate, Schreiben nach Gehör und andere Fehlentwicklungen, z. B. Sexualunterricht, genauer gesagt, die Darstellung diverser sexueller Techniken in Grundschulen – Michael Winterhoff: „Sexualität ist noch gar kein Teil der Lebenswelt von Grundschülern“ – sind Auswüchse eines sich längst von den biologisch-psychischen Entwicklungsstufen der Kinder und Jugendlichen entfernten „pädagogisch-industriellen Komplexe(s)“, so der Autor.

Besonders beunruhigend ist die Tatsache, dass immer mehr Schüler in vorgeformte Krankheitsbilder gedrängt werden, die, so jedenfalls das Mantra vieler Erzieher und Pädagogen, einer Therapie bedürfen. Michael Winterhoff schreibt über diesbezügliche Erfahrungen einer Mutter: „Der Erzieher hat mir [...] gesagt, das Verhalten meiner Tochter sei zu gut, zu brav und irgendwie nicht kindgerecht. Die anderen Kinder säßen selten so gut am Tisch und hörten auch nicht gleich auf die Erzieher. Sie würden vielmehr herumtollen und auch mal richtig frech sein. Er hat mir danach eine therapeutische Verhaltensförderung empfohlen.“ Noch Fragen?




Meine Bewertung:Bewertung

Veröffentlicht am 9. Juni 2019