Buchkritik -- Robert Seethaler -- Das Feld

Umschlagfoto, Buchkritik, Robert Seethaler, Das Feld, InKulturA "Das Feld", so nennen die Einwohner des fiktiven Ortes Paulstadt den Friedhof. Ein Besucher, bereits im Alter des Übergangs fragt sich beim Betrachten der Gräber, was wohl die Toten über ihr Leben erzählen würden. Leben, die Spanne zwischen Geburt und Tod und oft erst in Krisensituationen bewusst wahrgenommen, als Schauplatz menschlicher Aktivitäten, positiv oder negativ, kann schillernd, tragisch und auch vertan sein.

29 Personen erzählen aus dem Grab heraus ihre Geschichte und erst langsam erfährt der Leser, dass sich alle im Mikrokosmos des Ortes befunden haben und bereits zu Lebzeiten jeder jeden kannte. Es sind ruhige Geschichten, die Robert Seethaler seine Figuren erzählen lässt. Gelebtes Leben bedeutet Verletzungen, Verluste, Fehleinschätzungen und tragische Liebe.

All das resümieren die Toten und zeigen ein Panorama erschreckender Normalität. Es ist wie es ist, niemand träumt vom Konjunktiv, sondern, fast emotionslos, es erscheinen vor dem Auge des Lesers Lebenswege, die im Nachhinein fast banal, alltäglich, niemals jedoch außergewöhnlich und herausragend sind.

Nein, sie klagen nicht, die Toten, wohl darum wissend, dass sie außer ihren Erinnerungen keine Botschaft, keinen Rat und schon gar keine Belehrungen für die Lebenden parat haben. Jeder lebt und stirbt für sich allein. Wie Moleküle in sich erhitzendem Wasser prallen sie im Leben aufeinander, stoßen sich ab, verbinden sich und verschwinden zum Schluss.

Robert Seethaler gelingt es bravourös jede seiner Figuren mit eigener Diktion sprechen zu lassen und dabei auf jegliche falsche Sentimentalität zu verzichten. Ob Spieler, Trinker, korrupter Bürgermeister oder wahnsinniger Pastor, alle landen auf dem „Feld“, denn im Tod sich alle Menschen gleich.

Was vom Leben bleibt? Anscheinend nur eine Form postmortaler Demokratie.




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Veröffentlicht am 22. Juli 2018