Buchkritik -- Stephen Emmott -- 10 Milliarden

Umschlagfoto, Stephen Emmott 10 Milliarden, InKulturA Wer hätte gedacht, dass irgendwann einmal eine PowerPoint-Präsentation in Buchform herausgegeben würde. Da bringt der Suhrkamp Verlag - das zentrale Veröffentlichungsorgan Alt-Linker Dichter und Denker - die deutsche Ausgabe des Buches von Stephen Emmott heraus und man fragt sich unwillkürlich, ob die Chefin dieses Verlages, Frau Ulla Unseld-Berkéwicz, auch wirklich genau weiß, was für Werke ihre Lektoren da auf das gut zahlende Lesepublikum loslassen?

"Zehn Milliarden", so der Titel des Buches, ist ein krude Mischung aus ökologischem Armageddon und nervös-intellektuellem Alarmismus. Der Autor, so erfährt der Leser zu Beginn des Buches, verantwortet als wissenschaftlicher Leiter eines Microsoft-Labors die weltweit führenden Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Computational Science (rechnergestützte Naturwissenschaften). Au weia, wenn dieser Mann tatsächlich ein Naturwissenschaftler ist, dann sollte er noch einmal wissenschaftliches Arbeiten und korrektes Zitieren lernen.

"Zehn Milliarden", als "Weckruf" konzipiert, ist eine lose Sammlung von Panik machenden Artikel und Tabellen. Die, natürlich erwiesen vom Menschen verursacht, Klimaveränderung des Planeten, ebenfalls vom Menschen verschuldetes Artensterben, drohender Wassermangel und nicht zu vergessen, der Titel des Buches drückt es bereits aus, die Überbevölkerung des Planeten Erde, die die von Emmott aufgeführten Probleme noch verschlimmern wird.

Sein Fazit: Die Welt ist nicht mehr zu retten und folglich dem Untergang geweiht. Du meine Güte. Das wollte uns bereits in den 70er Jahren der Club of Rome mit seinen Endzeitprophezeiungen glauben machen und die von Natur aus hypernervösen deutschen Geistesarbeiter propagierten gar das Sterben des deutschen Waldes als Menetekel einer übersatten Konsumwelt. Was haben wir alle, deren Nervenkostüm nicht von langen und einsamen Nächten geprägt wurde und für die die pseudowissenschaftlichen Waschzettel über den baldigen Weltuntergang nicht die einzige intellektuelle Stimulanz gewesen ist, doch gelacht.

Jetzt will also Stephen Emmott den Leser wieder einmal vom drohenden Ende der Welt berichten. Ab dem Jahr 2050 wird es auf Mutter Erde eng und unbequem werden. Bis dahin gibt es, folgt man den statistischen Rechenspielen Emmotts, über 9 Milliarden Menschen geben.

Die müssen natürlich essen, trinken, pinkeln und scheißen. Essen und Trinken wird schwierig, denn, so Emmott, wo sollen die Lebensmittel und das Wasser herkommen. Pinkeln geht noch aber mit dem Klopapier für fast 10 Milliarden Menschen wird es knapp.

Nein, das schreibt er nicht wirklich. Das ist meine Interpretation seines gut 200 Seiten umfassenden Buches. Und das ist, bei allem Respekt für den Autor, eine Zumutung für den Leser. Der ganze Alarm hätte, eng bedruckt, auf einem 4-seitigen Flyer Platz gefunden.

Dafür dass Emmott auf den 206 Seiten seines Buches den Weltuntergang prophezeit, geht er ganz schön verschwenderisch mit dem Rohstoff Papier um. Teilweise steht nur ein einziger Satz auf der Seite und auch ansonsten geht der Prophet äußerst großzügig mit dem Material um. Nun sage bloß keiner, dass sei doch Recyclingpapier. Benötigt man zu dessen Wiedergewinnung etwa keine Energie oder sind die Propheten vom Schlage eines Emmott von den ökologischen Maßnahmen zur Nachhaltigkeit ausgenommen?

Den Massen Wasser predigen, selber aber literweise Wein und Schampus kippen, das sind mir die Richtigen. Da befindet sich Stephen Emmott ja in guter Gesellschaft. Noch zu jeder Klimaschutzkonferenz findet ein ungeheurer Flugtourismus der selbst ernannten "Klimaretter" statt, der jedes ehrgeizige "Klimarettungsziel" konterkariert.

Wie kann man einen Autor ernst nehmen, der behauptet, dass der "Arabische Frühling" aus einer Hungerrevolte resultierte. Wie kann man als ernst zu nehmender Wissenschaftler den Prognosen und den daraus abgeleiteten politischen Forderungen des IPCC, des "Weltklimarates", Glauben schenken, immerhin ein Verein, der des Öfteren bei der Manipulation von Zahlen und Fakten erwischt wurde?

"Zehn Milliarden" ist ein schlampig recherchiertes und einzig mit dem Ziel des schnell verdienten Geldes geschriebenes Buch. Jeder deutsche Zehntklässler hätte eine bessere Arbeit zum Mittleren Schulabschluss geliefert. Das Buch ist weder für den Autor noch seinen Verlag ein Grund zur Freude. Für den Leser erst recht nicht.




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Veröffentlicht am 27. Oktober 2013