Buchkritik -- Jeremy Rifkin -- Das biotechnische Zeitalter

Umschlagfoto  -- Jeremy Rifkin  --  Das biotechnische Zeitalter Das 21. Jahrhundert wird geprägt werden durch eine bislang unvorstellbare Entwicklung in der Biotechnik. Genmanipulation und eine rasant fortschreitende Computertechnik werfen ihre, manchmal bedrohlichen, Schatten voraus. Jeremy Rifkin hat sich in seinem Buch Das biotechnische Zeitalter eingehend mit diesem Thema beschäftigt. Er diagnostiziert eine, wie er es nennt, Veränderung der Operationsmatrix. Das ist anders ausgedrückt, die Etablierung neuer Forschungsmaximen und der Wechsel des bis dahin geltenden Weltbildes. Die Gentechnik hat sich nichts geringeres vorgenommen, als die völlige Neudefinition des Begriffs Leben. Leben als evolutionärem Begriff steht jetzt die zielgerichtete Manipulation des genetischen Materials gegenüber. Die Entwicklung von Pflanzen und Tieren, aber gerade auch die des Menschen, steht zur Disposition. Die Erforschung des menschlichen Genoms und die daraus resultierenden Implikationen sind die wichtigen Themen der Zukunft.

Ethische Fragen bedürfen ebenso dringend der Diskussion, wie auch die Fragen nach der Anwendbarkeit, bzw. die Grenzen der Möglichkeiten. Jeremy Rifkin zeigt gerade die Risiken dieser neuen Technologien auf. Da von Seiten der Industrie enorme finanzielle Interessen mit im Spiel sind, ist es nicht von der Hand zu weisen, daß z. B. die Patentierung von manipulierten und auch unmanipulierten Genen eine, gelinge gesagt, problematische Angelegenheit ist. Natürlich ist es vordergründig von Vorteil, wenn es gelingt durch Manipulationen am Genmaterial höhere Ernteerträge mit gegen Schädlinge resistenten Pflanzen zu erzielen. Problematisch wird es jedoch, wenn dies zu Lasten einer Reduzierung der Artenvielfalt erreicht wird.

Ein ebenso zwiespältiges und von Rifkin angesprochenes Thema ist die Manipulation des menschlichen Erbgutes zum Zweck der Eliminierung von Krankheiten und nicht erwünschten Mißbildungen. Dieses auf den ersten Blick vernünftige Argument erweist sich schnell als eine Frage darüber, wer denn entscheidet was unerwünscht ist und was nicht. Wie wird das Bild des Menschen in der Zukunft aussehen und wer wird es sich leisten können diesem Ideal zu entsprechen?

Des weiteren ist mit dem Fortschreiten der Gentechnik die Frage über den Einfluß von Umwelt und genetischer Disposition auf die Entwicklung des Menschen neu entbrannt. Nichr wenige Forscher sind inzwischen der Meinung, daß man die meisten Verhaltensweisen auf den Einfluß der Gene zurückführen kann. Auch dies beinhaltet gefährliche und für die Entwicklung der zukünftigen Gesellschaft problematische Implikationen. Ist er Verbrecher ein Verbrecher wegen seiner krankhaften Gene oder gibt es auch so etwas wie den Einfluß der Gesellschaft in der er lebt?. Was ist der Gesellschaft nützlich und was nicht? Wer entscheidet über die zukünftigen Quoten an tolerierter Abweichung?

Jeremy Rifkin weist zu Recht darauf hin, daß jede Epoche die ihr eigene Handlungsbestätigung sucht und findet. War der Darwinismus eine Rechtfertigung der englischen Industrialisierung und des Kolonialismus, so besteht ein Teil der Operationsmatrix des 21. Jahrhunderts in der Gleichsetzung von Fortschritt und Information. Hier findet die Verschmelzung von Computertechnik und Genforschung eigentlich statt. Riesige Datenmengen warten darauf verarbeitet und benutzt zu werden. Selektierung, Reduzierung und Effizienssteigerung durch einen ständigen Datenfluß werden unser aller Zukunft bestimmen. Das menschliche Genom selber wird mit einem gut funktionierenden Computer verglichen. Die vorhandene Daten werden unabhängig von der sie beherbergenden Materie verarbeitet. Als zukünftiges Ziel droht die Abschaffung der Evolution durch wissenschaftliche Selektion.

Doch auch ein so dezidierter Kritiker der gentechnischen Entwicklung wie Jeremy Rifkin sieht nicht ganz so schwarz. Sein überaus informatives Buch zeigt die Problematik dessen, was unsere nächste Zukunft bestimmen wird. Jede neue Technologie hat zwei Seiten. Eine positive, für alle nützliche Seite und eine negative und äußerst gefährliche. Die Nutzung der Atomernergie kann als warnendes Beispiel dienen. Rifkin ist weit davon entfernt ein ausschließlich düsteres Szenario zu entwerfen, doch er zeigt Risiken und Mißbrauchsmöglichkeiten. Kritiker der Genmanipulation bekommen viele gute Argumente geliefert.




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