Buchkritik -- Hanns-Josef Ortheil -- Die Nacht des Don Juan

Umschlagfoto  -- Hanns-Josef Ortheil  --  Die Nacht des Don Juan Was für ein Buch! Selbst nahezu komponiert wie eine Oper Mozarts, handelt der Roman von den letzten Arbeiten am "Don Giovanni" im Prag des Jahres 1787. Casanova, Mozart und der Librettist Lorenzo da Ponte treffen in der "Goldenen Stadt" aufeinander. Mozart, weil er nach schlechten Wiener Erfahrungen in Ruhe an seiner neuen Oper arbeiten will und auch hier die Uraufführung stattfinden lassen will. Lorenzo da Ponte bemüht sich zu diesem Werk ein Libretto zu schreiben, kann sich jedoch nicht in die verfeinerte Psyche des Verführers hineinversetzen. Casanova hat von diesem Mißstand gehört und ist aus seinem freiwilligen Exil auf Schloß Dux in Böhmen noch einmal in die Welt zurückgekehrt, um seine Sicht der Person des ewigen Verführers, des Don Juan, in Mozarts Oper zum Ausdruck zu bringen.

Casanova, der sich aufgrund seiner eigenen Biographie mit den Verhältnissen seiner Zeit bestens auskennt, spinnt seine raffinierte Intrige, der erwartungsgemäß Lorenzo da Ponte zum Opfer fällt. Mit Schimpf und Schande wird er aus Prag verjagt. Nunmehr steht es Casanova offen, die Person des Don Juan nach seinen Vorstellungen zu gestalten.

Es scheint müßig zu sein die Betonung darauf zu legen, dass er "seinen" Don Juan als ein komplettes Selbstbildnis entwirft. Kleidung, Mimik, Gestik und der Name der Figur werden von ihm geändert. Aus Don Juan wird der uns besser bekannte Don Giovanni. Casanova manipuliert und intrigiert, dass es für den aufmerksamen Leser eine Freude ist, dieses Buch zu lesen. Mozart, als verspielt wie ein Junge gebliebener Mann, den einzig und allein seine Musik interessiert, Lorenzo da Ponte als ebenso skupelloser Verführer wie unbegabter Librettist. Constanze, Mozarts Ehefrau, die als einzige das Intrigenspiel Casanovas durchschaut, sie alle treten vor die Augen und vor die Phantasie des Lesers als Figuren aus Fleisch und Blut.

Hanns-Josef Ortheil ist ein Roman gelungen, der nicht nur eine Oper von Mozart beschreibt, sondern der selber wie eine angelegt ist. Liebe, Leidenschaft, Intrigen, Irrungen und Wirrungen, Konfusionen überall. Doch zum Schluss löst sich alle Verwirrung auf - Der Schurke wurde verjagt, die Liebenden finden zueinander und Casanova ist es gelungen, sein Leben in dieser Oper von Mozart zu verewigen.

Aus dem skrupellosen Verführer Don Juan, der auch vor einem Mord nicht zurückschreckt ist eine Figur geworden, welche die Frauen Zeit seines Lebens im wahrsten Sinn des Wortes "geliebt" hat. Nicht brutale Unterwerfung, sondern Verführung und freiwillig gewährte Lust standen für sein Verhältnis zm anderen Geschlecht. (In diesem Sinn kann ich nur raten, sich einmal die Memoiren des "Chevalier de Seingalt", so nannte sich Casanova, durchzulesen.)

Ortheil ist es jedenfalls gelungen, diese Zeit und die Personen vor unserem Auge mit Sinnlichkeit und Musikalität erscheinen zu lassen. Wie gesagt: Was für ein Buch!




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