Buchkritik -- Sebastian Fitzek -- Noah

Umschlagfoto, Sebastian Fitzek, Noah, InKulturA Kann das gutgehen? Von Armut über die Bilderberger hin zu Chemtrails, Hunger, Klimaveränderung und Malthus bis Zuwanderung und ein wenig Zwillingsforschung, und das alles abgehandelt in einem Buch. Nicht wirklich, denn Sebastian Fitzek mischt in seinem Roman "Noah" so munter die Weltuntergangsszenarien, dass dem Leser schwindlig wird.

Noah, so der Name, der ihm auf die Handfläche tätowiert ist, kann sich an nichts erinnern. Sein Leben verdankt er einem Obdachlosen, der ihn in Berlin aufnimmt und gesundpflegt.

Mit Schrecken muss er feststellen, dass geheime Mächte hinter ihm her sind und seinen Tod wollen. Stück für Stück tauchen Erinnerungsfetzen auf, die Noah bewusst machen, dass er mit Talenten und Fähigkeiten ausgestattet ist, die ihn für seine Gegner zu einem gefährlichen Mann machen.

Von Berlin über Amsterdam bis nach Rom erstreckt sich die Jagd nach Noah und seinem Freund und auch aus den USA kommen die Verfolger, um ihn auszuschalten. Als wenn das nicht bereits für eine flotte Story ausreichen würde, hat Sebastian Fitzek auch noch alle, aber wirklich auch alle aktuellen globalen Verschwörungstheorien ausgebeutet. Eine von den Bilderbergern sich abgespaltete Gruppe plant Böses und es ist ein Wunder, dass nicht auch noch Freimaurer und Illuminaten auf dem Plan auftauchen.

Nach und nach gelingt es Noah, die Frage seiner Identität zu klären. Je mehr ihm das gelingt, desto verwirrter wird leider der Leser, weil Fitzek dermaßen viele Handlungsstränge einführt, dass man schon mal die Kontrolle verlieren kann. Da mutieren Böse auf einmal zu Guten und Gute zu Bösen.

Die Welt ist nicht in Ordnung und manch ein Schurke glaubt, es wäre besser für den Planeten, wenn er Gott spielen würde. Das ist ja nun weder neu noch besonders originell und spätestens nach den wirren Abenteuern James Bonds halbamtlich zum Standard von Kriminalautoren mutiert.

Leider ist "Noah" da keine Ausnahme und weniger wäre auf alle Fälle mehr gewesen. Wenn schon ein Berliner Taxifahrer - Hallo ihr Berliner Kutscher, das ist nicht persönlich gemeint. Ihr macht einen tollen Job, aber manchmal seit ihr etwas zu verliebt ins Erzählen - vorlesungsmäßig die globalen Probleme abhandelt, dann kann der Leser das beim besten Willen nicht ernst nehmen.

Auf gefühlt jeder zweiten Seite bekommt der Leser den Eindruck, die Weltuntergangsphantasie eines daueraufgeregten grün drehenden Globalhypochonders zu lesen. Das ist einfach nur nervig, aber anscheinend dem Weltbild des Lektors entsprechend.

Stichwort Lektorat. Entweder befanden sich alle Beteiligten unter einem enormen Veröffentlichungsdruck oder, was wahrscheinlicher ist, waren einfach nur schlampig. Jeder weiß, dass in Italien manches anders funktioniert als in Nordeuropa. Dass jedoch ausgerechnet in Rom ein Smartphone kein Netz finden soll, bedient nun wirklich jedes mediterrane Klischee.

Komischerweise ist bei der Aufzählung aller globalen Umweltkatastrophen die Abholzung des brasilianischen Regenwaldes nicht berücksichtigt worden. Wollte man den Käufern der gedruckten Ausgabe etwa nicht noch zusätzlich ein schlechtes Gewissen machen?

Während die Handlung um Noah und seinen Verfolgern schnell ins "irgendwie schon einmal gelesen" abgleitet, weckt die eingebundene Geschichte von Alicia und ihrer kleinen Familie beim Leser Interesse. In Lupang Pangako, dem größten Slum im Großraum Manilas, kämpft sie dramatisch ums Überleben. Am Ende besteht die Hoffnung auf ein etwas besseres Dasein, doch sie müsste dafür einen hohen Preis zahlen.




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Veröffentlicht am 10. Januar 2014