Buchkritik -- Fernando Aramburu -- Die Mauersegler

Umschlagfoto, Buchkritik, Fernando Aramburu, Die Mauersegler, InKulturA Ratlosigkeit! Das ist der Eindruck, nachdem es dem Rezensenten gelungen ist, die über 800 Seiten des Romans von Fernando Aramburu hinter sich zu bringen. Was als ein gewagtes Projekt beginnt, scheitert bereits nach einem Drittel des Werkes.

Toni, ein Solitär mit einer Gummipuppe, entscheidet sich, in einem Jahr Selbstmord zu begehen und führt die letzten 365 Tage seines Lebens ein Diarium eben dieses Lebens. 365 Kapitel voller Selbstmitleid, Ekel und Lebensüberdruss.

Eine gescheiterte Ehe – Merke: eine Fellatio ist zu wenig als Basis für eine gelungene Ehe – ein missratener Sohn, bigotte Schwiegereltern und eine Kindheit unter einem Vater, der sich zu hohen schriftstellerischen Leistungen befähigt glaubte, diese jedoch, wie er es in der Erinnerung des Ich-Erzählers Toni oft, zu oft betont, seiner Frau und seinen beiden Söhnen geopfert hat.

Ja, Toni hat einen Bruder, den er seit Kindertagen verbal und mitunter auch physisch gequält hat und gegenüber dem er sein Leben lang keine positiven Gefühle entwickelt. Die Einzigen, für die er so etwas wie Emotionen verspürt, sind sein Hund und Tina, seine Gummipuppe, die er ausgiebig zu benutzen versteht. Humpel, so nennt er etwas respektlos sein männliches Gegenüber, das bei einem islamistischen Terroranschlag ein Bein verlor, ist so etwas wie ein seelischer Mülleimer für Toni und so ist die Beziehung dieser beiden Männer weniger eine Freundschaft, als viel mehr eine Notlösung, um das Bier nicht alleine trinken zu müssen.

Der Rezensent brauchte eine gehörige Portion Geduld, um die mitunter weinerlichen Monologe zu lesen und trotzdem bei geistiger Gesundheit zu bleiben. Niemand versteht den armen Toni und alle scheinen es auf ihn abgesehen zu haben. Die geschiedene Frau, ihre neue Liebhaberin, die Schuldirektorin – Toni ist Philosophielehrer –, die Schüler sowieso, niemand findet Gnade vor den Augen des Wehleidigen, des zu kurz Gekommenen und des Mannes, den niemand versteht.

Immer wieder der Rekurs auf die Kindheitserlebnisse und das zerrüttete Verhältnis der Eltern. Hin und wieder Bemerkungen über tagespolitische Ereignisse und die bigotte Schwiegermutter und den immer noch in der Vergangenheit lebenden Schwiegervater.

Es macht keinen Spaß diesen Roman, der gewissermaßen auf 832 Seiten auf der Stelle tritt, zu lesen und während der Lektüre tauchte mehr als einmal die Hoffnung auf, Toni würde seinem verpfuschten Leben ein schnelleres Ende bereiten. Aber auch diesbezüglich wurde der Rezensent zum Schluss enttäuscht.




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Veröffentlicht am 18. Dezember 2022