Buchkritik -- Frank Lisson -- Homo Absolutus

Umschlagfoto  -- Frank Lisson  --  Homo Absolutus Philosophie ist aktuell zu einer Randerscheinung geworden, welcher vornehmlich allenfalls noch etwas Platz in den Feuilletons eingeräumt wird. Wäre die Situation nicht so absurd, so müsste man für philosophische Themen eine Quote einführen. Die Zeit der großen Systeme ist mit Karl Marx und dessen Scheitern beendet, die Gegenwartsphilosophie beschränkt sich darauf, in erster Linie Philosophiekritik zu sein oder sich in Einzeldisziplinen zu kaprizieren, die allenfalls den Narzissmus der jeweiligen Autoren befriedigen, ansonsten aber nicht viel mit der Realität zu tun haben.

Philosophie, also die "Liebe zu Weisheit", wobei dem Wort Weisheit im heutigen verflachten Sprachverständnis schon eine reaktionäre Konnotation innewohnt, war schon immer die Suche nach dem besseren Zustand einer Welt, die sich unaufhörlich dem Verfall näherte. Nicht das Paradies auf Erden war die Sache der Philosophie, das überließ man besser den Religionen oder deren Töchtern, den Ideologien, sondern die, noch immer aktuellen Fragen nach dem "Warum" und "Woher", besonders aber nach dem "Wie" der menschlichen Existenz.

Frank Lisson hat sich diesen elementaren Fragen in seinem monumentalen Werk Homo Absolutus gestellt. Sein Grundgedanke ist dabei, vergleichbar mit Nietzsche, die Idiosynkrasie gegenüber der Gegenwärtigkeit des Trivialen, der Konformität und der radikalen Ideologisierung der Gegenwart. Sein Credo, in Anlehnung an Oswald Spengler, lautet, die Zeit der Kulturen ist vorbei, wir treten nunmehr in einen Verfall mit dem Namen Zivilisation ein.

Sowohl Nietzsche als auch Spengler sind die emphatischen Paten der Gedanken dieses jungen Philosophen - über beide hat Lisson bereits Werke veröffentlicht. Lissons Leidenschaftlichkeit und die Eindringlichkeit mit der er die Begründung für seine Utopie vom "Homo Absolutus" darstellt, ist, zusammen mit seiner Ausdruckskraft und der enormen sprachlichen Intensität des Werkes, ein lang erhoffter und ersehnter "Schrei" in einer ansonsten spracharmen Welt von immer gleichen Sprechblasen.

Frank Lisson geht zurück zur Wurzel allen philosophierens, zum diffusen Gefühl, daß etwas nicht stimmt mit der Zeit in der man lebt. Die Bilder sind zu grell, die veröffentlichte Meinung zu laut, die Ränder dessen was einmal gesellschaftliche Kongruenz genannt wurde, passen nicht zusammen. Mal sind es Nuancen, mal kapitale Brüche, welche Lisson darstellt.

Was als Utopieentwurf eines möglichen (Über)Lebens in einer postkulturellen Zeit beginnt, endet in einer fulminanten Zeitkritik. Aus gewöhnlichen und vom Einzelnen nur diffus wahrgenommenen Singularitäten macht der Autor eine schlüssige argumentaive Kette, die schnell zu einer Generalabrechnung mit denen führt, die, so Lisson, für die aktuelle "bleierne" Zeit der gesamtgesellschaftlichen Ideologisierung Deutschlands verantwortlich sind: die Alt 68'er.

Fern von jedem wohl schon veröffentlichtem Klischee über diese windigen intellektuellen Taschenspieler und Gaukler, die sich seit Jahrzehnten parasitär in allen wichtigen Schaltstellen von Gesellschaft, Politik und Medien ausgebreitet haben, zeigt Frank Lisson die Auswirkungen dessen, was man nur als gesamtgesllschaftliches Umerziehungsprogramm bezeichnen kann.

Ob es sich um die Unterschiede der Geschlechter leugnendes Gender Mainstreaming handelt, oder um die Blütenträume eines infantilen Multikulturalismus, der Autor rechnet mit den Verursachern gnadenlos ab. Wohl ein Grund dafür, daß bislang in den sogenannten etablierten Medien keine Notiz von diesem Werk genommen wurde. Das wird der Autor verschmerzen können, ist doch sein Standpunkt der eines Einzelnen, welcher um die Einsamkeit desjenigen weiß, der in der klaren und frischen Luft des Hochgebirges lebt und der sich vor dem Mief der Niederungen ekelt.

Homo Absolutus kommt daher wie eine Gebrauchsanleitung einer Lebensführung nach dem geistigen Zusammenbruch einer Gesellschaft. Der Autor weiß jedoch und betont es wiederholt, daß es "..der Blick auf die Vision des souveränen Menschen" ist, also ausschließlich eine philosophische Dichtung darstellt. Mit dieser jedoch erreicht Frank Lisson all diejenigen, welche dieses diffuse Gefühl der gesellschaftlichen Unstimmigkeiten teilen. Daß sein Werk von all denen ignoriert wird, die diese Gesellschaft ideologisiert haben, kann er verschmerzen, ist doch der "Homo Absolutus" eine, für die aktuell herrschenden, furcht erregende Gestalt - nämlich ein über allen Massen stehendes Individuum.

Gerade davor haben sie Angst - und schweigen.




Meine Bewertung:Bewertung