Buchkritik -- Dennis Lehane -- Der Abgrund in dir

Umschlagfoto, Buchkritik, Dennis Lehane, Der Abgrund in dir , InKulturA Dass man mit einem erfolgreich verkauften Eheberatungsbuch und seinen zwei weniger umsatzstarken Nachfolgern nicht automatisch eine gute Ehefrau und Mutter darstellen muss, erfährt Rachel Childs am eigenen Leib. Die Autorin der Ratgeber ist ihre Mutter, Akademikerin, die sich weigert, ihrer Tochter den Namen des Vaters zu nennen. Eine mehr oder weniger unglückliche Kindheit hinter sich, avanciert Rachel zu einer gefragten Moderatorin, bis sie während einer Reportage im vom Hurrikan verwüsteten Haiti vor laufender Kamera einen Nervenzusammenbruch erleidet.

Die Karriere vorbei, psychisch etwas derangiert, unternimmt sie weitere Versuche, ihren Erzeuger aufzuspüren. Dabei lernt sie den Privatdetektiv Brian Delacroix kennen, der sie bezüglich ihrer Suche jedoch abweist. Als sie sich einige Zeit zufällig wieder treffen, scheint für Rachel der Augenblick gekommen zu sein, sich ihrer Probleme entledigen zu können. Doch nichts ist wieder einmal so, wie es den Anschein hat und plötzlich befindet sie sich in einem Alptraum aus Misstrauen, Gewalt und Kriminalität wieder.

Was hat Dennis Lehane da nur geritten, einen so konfusen Roman zu schreiben, der weder innere Logik noch, zumal im letzten Drittel, einen Zusammenhang mit den ersten dreihundert Seiten herstellen kann. Auf diesen beschreibt Lehane gekonnt das Leben Rachels, die sich anbahnenden Probleme und ihre mehr oder weniger erfolgreichen Versuche, diese und damit ihr Leben in den Griff zu bekommen.

Ab dem Moment, als sie Brian Delacroix zum zweiten Mal begegnet, verläuft die Handlung jedoch dermaßen konfus und uninspiriert ab, dass der Leser den Eindruck erhält, hier wurde weniger ein Roman geschrieben, sondern vielmehr das Drehbuch für eine Hollywood-Verfilmung, die nur eines haben muss: Action und Herzschmerz.

Wie glaubwürdig ist es, um sich an dieser Stelle nicht in zu vielen Einzelheiten zu verlieren, dass eine Person, deren psychische Probleme u. a. dafür verantwortlich sind, sich nicht mehr auf die Straße zu trauen, es nicht zu wagen öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und allein der Gedanke daran ein Fahrzeug zu steuern für Ohnmachtsanfälle sorgt, sich auf einem Schiff einen Taucheranzug anzieht und mit Atemgerät und Maske des Nachts ins dunkle Wasser springt?

Denis Lehane fängt den Roman stark an. Mit dem ihm eigenen Gespür für die verletzbare Psyche des Menschen gibt er seinem Buch ein Motto vor, das er leider nicht bis zum Schluss halten kann. Im Gegenteil, im letzten Drittel geht es sprichwörtlich drunter und drüber. Rachel mutiert trotz ihrer psychischen Probleme zu einer Macherin, die allen zeigt, wo es langgeht. Liest sich alles geschwind weg, liegt jedoch auf der Skala der Unwahrscheinlichkeit ganz weit oben.

Aus diesem Grund will auch der Schluss des Romans nicht so recht überzeugen, denn er wirft mehr Fragen auf, als er beantworten kann. Muss Rachel wirklich erst die Treppe hinaufgehen, um den Abgrund in sich zu spüren?




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Veröffentlicht am 12. Januar 2019