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Mit „Das Zeichen des Fremden“ setzt David Lagercrantz seine Erfolgsserie um das Ermittlerduo Hans Rekke und Micaela Vargas auf höchstem Niveau fort. Die beiden bekommen Besuch eines spanischen Kriminalpolizisten, der um Hilfe in einem alten Fall bittet. Bereits ab den ersten Zeilen spürt man, wie gekonnt der Autor die Sogwirkung einer verzwickten Mordserie entfaltet: Auf der einen Seite die junge Sandra Ramirez, gefunden als Opfer eines grausamen Verbrechens im Spanien der 1980er Jahre, auf der anderen Seite Rekke und Vargas im November des jahres 2008, die zwischen hypomanischen Höhenflügen und emotionalen Verwicklungen dem unsichtbaren Faden des Bösen folgen.
Lagercrantz versteht es meisterhaft, zwei Zeitstränge zu einem fesselnden Geflecht zu verknüpfen. Die Erinnerungen an Sandras letzten, von literarischen Träumen durchzogenen Tag in Santander versprühen eine bittersüße Melancholie. Eine Kellnerin, die Schriftstellerin werden wollte, und doch plötzlich zum Spielball eines Serienmörders wird, dessen numerische Signaturen auf den Leichen seine Verbrechen noch mysteriöser machen. Parallel dazu führen uns Rekke und Vargas tief in Stockholms literarischen Zirkel, eine Bühne bevölkert von prahlerischen Autoren, ehrgeizigen Agenten und verschwiegenen Produzenten. In diesem Mikrokosmos ist nichts so, wie es scheint, und jede Begegnung birgt neue Verdachtsmomente.
Besonders gelungen ist Lagercrantz’ Porträt seiner Protagonisten: Rekke, vom Ehrgeiz seines politisch einflussreichen Bruders herausgefordert, schwankt zwischen Selbstzweifeln und unbändiger Entschlossenheit. Vargas wiederum vollzieht eine behutsame persönliche Entwicklung, während sie eine neue Liebe erkundet, die gerade dadurch an Tiefe gewinnt, dass sie lange verschwiegen blieb. Diese psychologische Genauigkeit verleiht dem Thriller jene Glaubwürdigkeit, die viele Genrekollegen vermissen lassen.
Das Tempo des Romans lässt kaum Pausen zu. Szenen überschlagen sich, Hinweise und Finten spielen mit den Nerven der Leserinnen und Leser, und doch verliert Lagercrantz nie den Überblick. Seine Sprache bleibt präzise, seine Bilder scharf wie die Klingen, mit denen der Täter das Narrativ seiner Opfer zeichnet. Gerade in dieser Dichte liegt die Stärke des Buches: Es fordert den Leser heraus, sich nicht treiben zu lassen, sondern aufmerksam jede Nuance zu registrieren.
„Das Zeichen des Fremden“ ist ohne Zweifel das bisher reifste Werk aus der Reihe um Rekke und Vargas. Mehr noch: Es ist ein glänzendes Beispiel dafür, wie man in einem klassischen Kriminalroman frische Impulse setzt, indem man literarischen Hintergrund, psychologische Tiefenschärfe und rasanten Thrill zu einem stimmigen Ganzen verschränkt. Wer sich auf dieses Spiel einlässt, erlebt Spannung auf allerhöchstem Niveau, und darf sich schon jetzt auf das nächste Kapitel dieser unheimlich packenden Saga freuen.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 6. August 2025