Buchkritik -- David Lagercrantz -- Verschwörung

Umschlagfoto, David Lagercrantz, Verschwörung, InKulturA Der Fluch einer erfolgreicher Romanserie ist der, weitere Bände zu veröffentlichen. Sei es den Wünschen der Fans nach Fortsetzungen geschuldet oder dem unternehmerischen Ziel des Verlags, noch mehr Umsatz zu generieren, diese, die Filmindustrie nennt sie Sequel, Weiterführungen haben nicht selten den Nachteil, ein bloßer Abklatsch ihrer Vorgänger zu sein.

David Lagercrantz hat das Wagnis unternommen, die Millenium-Trilogie vom verstorbenen Stieg Larsson um einen weiteren Band zu ergänzen. "Verschwörung", so dessen Titel will dann auch nahtlos an die vorherigen Romane anschließen und kann doch nicht die Lücke füllen, die nach dem Tod des Autors zu bedauern ist.

Gewiss, der Roman erfüllt alle Kriterien eines guten und spannenden Thrillers und doch will es nicht gelingen, die erzählerische Qualität von Stieg Larsson zu erreichen. David Lagercrantz informiert den Leser zwar über einige bislang unbekannte Tatsachen aus dem Leben von Lisbeth Salander, doch ebenso oft erwähnt er die Handlungen der drei Vorgänger, wohl aus dem Grund, dass auch die Leser, die diese noch nicht kennen, erfahren, was dieses ungleiche Paar Mikael Blomkvist und seine spröde Hackerfreundin zusammengeführt hat.

Niemals gelingt es Lagercrantz - Wie soll man ihn nennen? Nachfolger, Fortsetzer oder Nachlassverwalter? - an die schriftstellerischen Qualitäten Larssons heranzureichen. Die Figuren sind alle einen Tick zu übertrieben dargestellt. Eine schöne Frau wird zur allerschönsten Frau, der die Männer fast besinnungslos ergeben sind. Lisbeth Salander mutiert zur omnipotenten Superheldin, die, selber schwer verletzt, immer noch dazu in der Lage ist, zwei erwachsene Männer, einer davon mit militärischer Ausbildung, kampfunfähig zu machen.

Zu zuckersüß auch die absehbaren Wendungen der Handlung. Eine dem Alkohol und Tabletten verfallene Mutter erkennt mittels großzügiger finanzieller Unterstützung seitens Lisbeth wieder ihre Mutterpflichten. Derjenige, der den Arbeitsplatz von Mikael Blomkvist und seinen Kollegen aus wirtschaftlichen Gründen abschaffen will, wird durch eine Fehlspekulation finanziell ruiniert. Geht es nicht ein bisschen kleiner?

Überhaupt Mikael Blomkvist, der ist nur noch ein Schatten seiner selber. Er wirkt dermaßen unmotiviert und lustlos, dass gerade der Leser der ersten drei Bände ihn kaum wiedererkennt. Dieses Schicksal teilt er mit den anderen Figuren des Romans. Sie wirken an vielen Stellen wie Solitäre, die man zur Zusammenarbeit gezwungen hat, was sie dann auch widerwillig machen.

Zwar erfährt der Leser Einzelheiten aus Lisbeths jungen Jahren, trotzdem erscheinen viele Begebenheiten bruckstückhaft und unglaubwürdig. Allein die Tatsache, dass es Lisbeth ohne große Probleme gelingt, in die Rechner der NSA einzudringen, hat doch, gelinde gesagt, etwas Lächerliches.

Dem vierten Band wird, so der Verlauf der Handlung, unter Garantie ein fünfter folgen. Ob das eine gute Idee ist?




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Veröffentlicht am 5. September 2015