Buchkritik -- John J. Mearsheimer / Stephen M. Walt -- Die Israel Lobby

Umschlagfoto  -- John J. Mearsheimer / Stephen M. Walt  --  Die Israel Lobby In einer Demokratie gilt es als selbstverständlich, daß politische Willensbildung unter anderem von einflussreichen Gruppen betrieben wird. John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt haben eine besonders große und mächtige US-amerikanische Lobby untersucht. In ihrem Buch Die Israel Lobby beschäftigen sich die beiden Autoren mit der Frage, welche politischen Ziele hinter der Aussenpolitik ihrer Nation stehen und welche gesellschaftlichen und politischen Gruppierungen ihren Einfluss darauf geltend machen.

Hatte der interessierte und kritische Beobachter der US-amerikanischen Politik schon immer den Eindruck, daß ein Zusammenhang zwischen israelischen Sicherheitsinteressen und der jeweiligen Aussenpolitik der USA besteht, so wird er von den dezidierten Untersuchungen der beiden Autoren in seiner Meinung bestärkt. Im Spannungsfeld des Nahen Osten sind israelische und amerikanische Politik deckungsgleich.

Hatte diese Kongruenz der Interessen beider Staaten während des Kalten Krieges noch eine Berechtigung, immerhin gelang es der israelischen Regierung nach dem erfolgreichen Ende des Krieges von 1967 die Regierung der USA davon zu überzeugen, daß Israel ein wichtiger Partner für die Eindämmung des kommunistischen Einflusses im Nahen Osten sei, so ist diese mit dem Ende des Kalten Krieges obsolet geworden. Doch bis zum heutigen Tag gelingt es der israelischen Regierung mit Hilfe vieler einflussreicher Gruppen, die wirtschaftliche und vor allem die militärische Hilfe am fließen zu halten.

Mearsheimer und Walt haben diese Gruppen einer genauen Untersuchung unterzogen und kommen zu einem eindeutigen Ergebnis. Israelische Sicherheitsinteressen bestimmen die US-amerikanische Aussenpolitik. Schon die Irak-Kriege waren, so die Autoren der israelischen Sicherheit geschuldet. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die Hardliner in der US-Administration auch einen Krieg gegen den Iran ins Auge fassen, der ebenfalls israelischen Sicherheitsinteressen geschuldet ist. Diese bedingungslose Unterstützung Israels hat dem Ansehen der USA nicht nur im Nahen Osten, sondern auch weltweit mehr geschadet als genutzt. Die Friedensverhandlungen zwischen den Palästinensern und Israel werden so lange nicht zum einem, für beide Seiten befriedigenden Ergebnis kommen, so lange es den USA nicht gelingt, sich kritisch mit der israelischen Politik zu beschäftigen.

Die Autoren nennen die Gruppen dieser "Israel Lobby" beim Namen und scheuen sich ebenfalls nicht, deren Methoden zu untersuchen. Wohlgemerkt, Mearsheimer und Walt sprechen nicht von einer Verschwörung, wie viele ihrer Kritiker es ihnen vorwerfen, sondern sie ziehen eine Bilanz dessen, was an der US-amerikanischen Aussenpolitik falsch war und aktuell ist und geben Ratschläge, wie es besser gemacht werden könnte.

Natürlich und das war zu erwarten, hat das Buch die üblichen Vorwürfe provoziert. Die allbekannte "Antisemitismuskeule" wurde ebenso geschwungen wie auch der Vergleich mit den "Protokollen der Weisen von Zion". Die Vertreter der political correctness konnten wieder ganz in ihrem Element sein. Dabei kann man den Autoren keinen Vorwurf machen. Sie betonen immer wieder, daß es ihnen einzig und allein um eine kritische Bestandsaufnahme der US-amerikanischen Aussenpolitik geht.

Die Ergebnisse ihrer Recherchen belegen sie mit einem beachtlichen Anmerkungsapparat, der jedoch leider nur im Internet abrufbar ist. Das ist bedauerlich, doch der Leser sollte eigentlich schon froh darüber sein, das dieses Buch überhaupt veröffentlicht wurde.




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