Buchkritik -- Ted Honderich -- Nach dem Terror

Umschlagfoto  -- Ted Honderich  --  Nach dem Terror Was gab es doch für einen Wirbel im deutschen Feuilleton- und Blätterwald, als der Suhrkamp Verlag dieses Buch veröffentlichen wollte. Von prominenter Stelle (Micha Brumlik, Chef des auf Holocaust-Forschung spezialierten Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts) war die Rede von "philosophischen Antisemitismus" und es wurde die Forderung erhoben, dieses Buch sofort vom Markt zu nehmen. Dies geschah auch, denn der Suhrkamp Verlag zog das Buch zurück. Der Leser hat jetzt die Möglichkeit erhalten sich selber ein Urteil darüber zu bilden, denn der Melzer Verlag hat das Buch von Ted Honderich Nach dem Terror in einer deutschen Ausgabe veröffentlicht.

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieses Werk ist die Aufregung nicht wert gewesen, die um es gemacht wurde. Von Antisemitismus findet sich keine Spur, leider aber auch sonst nichts wesentliches, was die Diskussion um Terror und seine Gründe neu anregen könnte. Worum geht es Honderich? Er versucht mit Hilfe von sehr weitschweifenden Erklärungen und Begriffsbestimmungen zu erklären, was gutes und richtiges Leben vom falschen und schlechten Leben trennt. Dabei stellt er eine merkwürdige Rechnung auf. Auf der einen Seite die westliche Welt mit ihrem vermeintlich guten Leben, auf der anderen Seite Länder wie z. B. Afrika, in denen die Lebenserwartung der Menschen um ein Vielfaches geringer ist, als die derjenigen in den USA.

Nachdem der Leser sich mühsam durch die ersten hundert Seiten gekämpft hat, deren Hauptanliegen es ist eine begriffliche Basis zu schaffen und aus diesem Grund den Leser mit Definition um Definition ermüdet, stellt Honderich fest, daß alle Menschen der westlichen Welt an allen stattlichen Verbrechen und wirtschaftlichen Mißständen der dritten Welt schuldig sind. Ihre Schuld ist jedoch nicht so groß wie die Schuld derjenigen, welche die Verbrechen des 11. September 2001 verübt haben. Hierr freut sich der Leser, weil er noch daran glaubt, das der Autor ihn mit einer zwar späten, aber dafür treffenden Analyse des Terrors entschädigt. Weit gefehlt! Es folgt die ebenfalls ermüdende Definition dessen, was als Spielarten des Terrorismus gelten kann. Ebenso ausführlich wird darauf eingegangen, wie sich die Beteiligten und die Opfer definieren lassen.

Die überraschende These von Honderich nach soviel Definitionen und Begriffsbestimmungen besteht darin, daß Terror ein legitimes Mittel sein kann, um ein besseres Leben zu forden. Mit Beharrlichkeit weist er in diesem Zusammenhang auf das Recht der Pälestinenser zu terroristischen Anschlägen gegenüber Israel hin. Der Leser ist, wenn es ihn denn vor Definitionen und Erklärungen überhaupt gelungen ist, an dieser Stelle anzukommen, vollkommen verwirrt. Hat nicht Honderich am Anfang seines Buches die Terroranschläge auf das WTC verurteilt? Befand er sie nicht auch als ein Verbrechen zu dem es keine Worte gab? Und jetzt rechtfertigt er den Terror auf einmal? Der Leser ist nicht sicher, was er von dem Buch halten soll.

Ebenso geht es dem Kritiker. Es ist nicht nur ein äußerst ermüdend zu lesenes Buch, sondern zudem auch ein schlechtes, weil es wesentliche Dinge, die zum Verständnis gerade dieser Spielart des Terrorismus im (falschen)Namen des Islam, verschweigt. Gewiß, der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern und die Einseitigkeit der USA gibt diesem Terror immer wieder neue Nahrung, doch Honderich macht es sich in seiner Analyse doch sehr leicht. Leider hat er zum eigentlichen Problem nicht viel zu sagen.




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