Buchkritik -- Stephan Harbort -- Der Liebespaar-Mörder

Umschlagfoto  -- Stephan Harbort  --  Der Liebespaar-Mörder Kaum ein Verbrechertyp beschäftigt die Phantasie der Menschen mehr als der Serienmörder. Während "Gelegenheitsmörder" in der Fülle der Verbrechen untergehen und kaum einmal mediale Aufmerksamkeit erregen, sind den meisten Zeitgenossen Namen wie z. B. Jack the Ripper, Ted Bundy, Haarmann, etc. bekannt. Ihre Opfer verschwinden dagegen schnell aus dem öffentlichen Bewußtsein. Dagegen lädt die Biographie der Täter und deren Morde Schriftsteller und Drehbuchautoren förmlich dazu ein, ihnen ein über ihren Tod hinaus währendes Interesse zu verschaffen. Hollywood und moderne Kriminalschriftsteller sind ohne Serientäter nicht zu denken. Die Filme und Bücher z. B. über Jack the Ripper sind zahlreich.

Der Serienmörder lebt oft als "netter Mann von nebenan" mitten in der Gesellschaft, hat zum Teil Familie und versteht es meisterhaft, seine Taten zu planen und zu verüben. Es ist wohl gerade die vordergründige gesellschaftliche Mimikry, welche diese Art von Tätern für die Medien so überaus interessant macht. Die Bestie in uns selber wird dann stellvertretend durch den Serientäter entlarvt, denn wer kann von sich behaupten, daß ihn die jeweils beschriebenen Verbrechen nicht interessieren würden? Wer ehrlich gegen sich selber ist, wird die Frage, ob er, wenn er in der Person des Täters gesteckt hätte, nicht die eine oder die andere Tat anders (besser?) ausgeführt hätte, mit einem klaren "Ja" beantworten.

Stephan Harbort hat sich in seinem neuen Buch Der Liebespaar-Mörder mit einer Verbrechensserie im Deutschland der 50'er Jahre beschäftigt. Der Autor, Kriminalkommissar und Autor von mehreren Büchern zum Thema Serienmord, schildert die kaltblütig ausgeführten Verbrechen und die Suche nach dem Täter. Wohlgemerkt, es ist nicht die Rede von schriftstellerischer Fiktion, sondern der Leser wird Zeuge der Ermittlung, ihrer Erfolge, aber auch der Fehlschläge. Der vermeintliche Täter wird gefasst und vor Gericht gestellt, doch er leugnet die Taten begangen zu haben. Die Beweise der Staatsanwaltschaft bestehen aus Indizien und einem Hauptzeugen, der, um sich selber der Strafverfolgung zu entziehen, nicht immer die Wahrheit zu sagen scheint.

Das Buch ist ein einzigartiges Protokoll eines bis dahin in Deutschland ebensolchen Verbrechens. Es beschreibt ebenso die mühevolle ermittlerische Kleinarbeit, wie auch das geschickte und planvolle Vorgehen des Täters oder der Täter. Bis heute konnte diese Mordserie nicht vollständig aufgeklärt werden. Spannend aber sachlich wird der Leser mitgenommen auf die Suche nach dem Täter. Nicht weniger spannend ist die Schilderung des Gerichtsverfahrens gegen den mutmaßlichen Täter. Seine Gefühlskälte und sein Überlegenheitsgefühl machten es selbst erfahrenen Prozeßbeobachtern schwer, sich für Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu entscheiden.

Stephan Harbort versteht es meisterhaft die nüchterne Sprache von Ermittlungsakten, Vernehmungs- und Gerichtsprotokollen, denn das sind, um es noch einmal zu sagen, die einzigen Quellen, die der Autor benutzt hat, in einen spannenden Tatsachenroman zu transformieren. Der Leser bekommt einen detaillierten Eindruck davon, wie schwer und mühevoll es für die damaligen Ermittlern gewesen ist, dem Täter auf die Spur zu kommen und wie überraschend sich das Gerichtsverfahren entwickelte.

Der Autor hat ein überaus lesenswertes, ausschließlich an den Fakten orientiertes Buch über ein in Deutschland, zum Glück, bis heute nicht wieder vorgekommenes Verbrechen geschrieben.




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