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Fernando Gamboas „Haut“ ist ein Kriminalroman mit der Protagonistin Nuria Badal, einer Ermittlerin der Polizei von Barcelona. Das Werk steht für sich, ist aber zugleich als Prequel zu Gamboas Bestseller „Erlösung“ konzipiert. Die Handlung nimmt mit der grausamen Ermordung eines Bankiers ihren Anfang und eskaliert rasch zu einer Serie brutaler Verbrechen, die die Stadt in eine Spirale der Gewalt stürzen. Badal setzt alles daran, die Hintergründe aufzudecken – selbst wenn sie dafür ihre Karriere und ihr Leben aufs Spiel setzen muss.
Gamboa zeichnet seine Hauptfigur als mutige und engagierte Ermittlerin, doch ihr innerer Monolog sowie ihre Gedankengänge wirken mitunter überraschend naiv oder übertrieben emotional. Besonders ihre impulsiven Entscheidungen und die Art, wie sie sich wiederholt selbst in Gefahr bringt, erwecken den Eindruck, dass sie nicht immer mit der notwendigen Professionalität agiert. Diese Diskrepanz zwischen ihrem beruflichen Status und ihrer oft unüberlegten Handlungsweise mindert die Glaubwürdigkeit der Figur und kann bei einem Genre, das von strategischem Denken und logischer Ermittlungsarbeit lebt, als störend empfunden werden.
Gamboa ist bekannt dafür, seinen Figuren eine Mischung aus Stärke und Verletzlichkeit zu verleihen, was ihnen eine gewisse Nahbarkeit verleiht. Doch im Fall Nuria Badal wird dieser Ansatz nicht immer konsequent durchdacht. Ihr unbedachtes Verhalten, insbesondere in Bezug auf ihre Beziehung zu einem Kollegen, wirkt teils unrealistisch – gerade im Kontext einer erfahrenen Ermittlerin. In einem gegenüber weiblichen Ermittlern von Misstrauen und internen Machtkämpfen geprägten Umfeld sollte man erwarten, dass sie professioneller agiert oder zumindest größere Vorsicht walten lässt.
Möglicherweise war es die Intention des Autors, durch diesen Aspekt ihrer Figur eine zusätzliche emotionale Ebene einzubringen oder ihre Verletzlichkeit hervorzuheben. Doch an einigen Stellen scheint sie die offensichtlichen Risiken dieser Beziehung nahezu fahrlässig auszublenden, was die erzählerische Tiefe eher schmälert als bereichert. Eine reflektiertere, strategisch denkende Nuria hätte dem Roman nicht nur mehr Glaubwürdigkeit verliehen, sondern auch für eine spannendere Dynamik gesorgt – insbesondere, weil sie dann weniger manipulierbar gewesen wäre.
Ein weiteres Problem des Romans liegt in der Auflösung des Kriminalfalls. Während der Spannungsbogen zunächst solide aufgebaut wird, scheint Gamboa es bei der Enthüllung des Täters primär auf Überraschungseffekte anzulegen, anstatt eine stringente Ermittlungsarbeit zu präsentieren. Wenn eine Wendung nicht organisch aus der Handlung heraus erwächst, sondern sich vielmehr anfühlt, als sei sie nachträglich eingefügt worden, leidet die innere Logik des Thrillers erheblich. Gerade in einem Genre, das von präziser Plotführung lebt, kann dies den Leser frustrieren und das Leseerlebnis trüben.
Insgesamt hinterlässt „Haut“ einen zwiespältigen Eindruck: Gamboa versteht es zweifellos, eine düstere Atmosphäre und packende Szenarien zu erschaffen, doch die Schwächen in der Charakterzeichnung und der teils konstruiert wirkende Plot nehmen dem Roman einen Teil seiner erzählerischen Kraft.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 14. Februar 2025