Kristina Schröder / Caroline Waldeck -- Danke, emanzipiert sind wir selber!

Umschlagfoto  -- , Kristina Schröder / Caroline Waldeck  --  Danke, emanzipiert sind wir selber!  --  InKulturA Wir leben in merkwürdigen Zeiten. Vordergründig bekennen sich sowohl die Politik als auch die meinungsbildenden gesellschaftlichen Institutionen zur Freiheit des Individuums. Keine staatlichen, kirchlichen oder sonstigen Gruppierungen sollen für sich in Anspruch nehmen dürfen, über die Privatsphäre der Bürger zu entscheiden. Die individuelle Lebensführung ist, wenn sie sich an die in diesem Land geltenden Spielregeln hält, eine reine Privatangelegenheit. Klingt erst einmal gut, ist in der Realität jedoch in weiten Bereichen ein Desiderat. Die Freiheit des Bürgers endet nämlich mit schöner Regelmäßigkeit an dem Punkt, wo einflussreiche Gruppen um ihre Deutungshoheit gesellschaftlicher Vorgänge und deren ideologische Fixierung im politischen Getriebe besorgt sind.

Kristina Schröder hat zusammen mit Caroline Waldeck gegen den Kodex "Wir wissen, was für Frauen gut ist" des organisierten Feminismus verstoßen und mit "Danke, emanzipiert sind wir selber!" ein Buch veröffentlicht, dass Abschied nimmt von tradierten Rollenklischees, in denen die Frau als Opfer des männlichen Egoismus verstanden wird und für die die Rolle der Mutter mit Sicherheit das Ende der Karriere bedeutet.

Kristina Schröder befindet sich als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einer fraglos sehr exponierten Stellung und aus diesem Grund ist die generelle Aussage dieses Buches - Frauen brauchen nicht länger die Bevormundung durch einen sich längst überlebten Feminismus - auch eine Kampfansage an diejenigen, deren Vorstellungsvermögen von der Rolle der Frau nur das Bild des karrieregeilen weiblichen Singles oder das der strukturkonservativen Mutter und Hausfrau kennt.

Wenn die heutigen Frauen, die sowohl gut ausgebildet sind als auch über ein großes Selbstbewusstsein verfügen, mit den Forderungen des Postfeminismus ernst machen und ihr Leben selbstbestimmt führen wollen, ecken sie spätestens bei dem artikulierten Kinderwunsch mit den Wächterinnen des "richtigen Weges" an. Die Diskussion kreist dann um die beiden scheingegensätzlichen Pole Familie oder Beruf, die sich in den Positionen von Bascha Mika, die den Frauen Verrat an der Sache des Feminismus vorwirft und die die Frau am liebsten ohne Kinder sieht, die, wenn dann doch vorhanden, so schnell wie möglich in Fremdbetreuung zu bringen sind, um der Karriere nicht im Wege zu stehen und Eva Herman`s doch arg ans "Lallaland" erinnernde Vorstellung vom "Mutterglück", das für jedes Kind eine achtzehn Jahre währende Rundumbehütung vorsieht und dessen Fehlen traumatische Schäden hervorruft.

Kristina Schröder und Caroline Waldeck verstoßen in ihrem Buch lustvoll gegen die Tabus derjenigen, die sich anmaßen als einzige darüber entscheiden zu dürfen, wie Frauen heutzutage ihr Leben, ihre Karriere und ihren Wunsch nach Familie und Kinder organisieren sollen. Das, so das Fazit der beiden Autorinnen, können Frauen ohne Rückgriff auf die von der gesellschaftlichen Realität ohnehin längst als unbrauchbar erwiesenen Parolen von Feministinnen und Strukturkonservativen.

In einer Zeit, in der Frauen nahezu jeden Beruf ausüben, in der es sowohl Kampfpilotinnen als auch 747-Flugzeugführerinnen gibt und es keine Ausnahme mehr darstellt, wenn der Kapitän eines modernen Containerschiffs weiblichen Geschlechts ist, sind tradierte Rollenvorstellungen darüber, wie der richtige Lebensweg einer Frau auszusehen hat, eher kontraproduktiv als von gesellschaftlicher Relevanz. Wenn z. B. von Radikalfeministinnen immer wieder gern das Bild von der "Powerfrau" entworfen wird, die erfolgreich eine Männerdomäne nach der anderen besetzt und diese dann jedoch bei realisiertem Kinder- und Familienwunsch am liebsten in den Orkus der "Angepassten" wünscht, dann ist das nur noch lächerlich.

Kristina Schröder und ihre Koautorin Caroline Waldeck haben mit ihrem Buch "Danke, emanzipiert sind wir selber!" in ein Wespennest gestoßen. Das beweisen die zahlreichen Reaktionen, die wohl weniger die Auseinandersetzung mit den Thesen Schröders im Sinn haben, als vielmehr eine Polemik aus verletzter Eitelkeit darüber, dass sie ihre Deutungshoheit über das, was Feminismus zu sein hat, zu verlieren drohen und die mangels Argumenten darauf mit Bösartigkeit reagieren.

Es wird höchste Zeit die alten Gedankenbastionen zu verlassen um neue und bestimmt auch unkonventionelle Ideen zu verwirklichen. Die Diskussion der Zukunft wird sich nicht um die Gegensätzlichkeiten von Mutter und Hausfrau auf der einen und Karriere auf der anderen Seite bewegen, sondern darüber, Schröder und Waldeck bringen es auf den Punkt, wie sich beide Positionen vereinen lassen, ohne in alte Rollenmuster zurückzukehren.

Frauen brauchen heute in der Tat keine feministischen Gouvernanten mehr, um über ihr Leben entscheiden zu können. Es ist keinesfalls ein "Verrat" an den Zielen des Feminismus, wenn sich eine Frau dafür entscheidet, die ersten Jahre nach der Geburt ihres Kindes eine weniger öffentliche Rolle einzunehmen und sich bewusst der Pflege und Erziehung ihres Nachwuchses widmet. Genausowenig handelt es sich um eine "Rabenmutter", wenn sich eine Frau dazu entschließt, nach der Geburt so schnell wie möglich wieder an ihrem Arbeitsplatz zu erscheinen.

Zum Leidwesen von Feministinnen und Strukturkonservativen, die immer noch von dem jeweils alleinseligmachenden Weg träumen, hat sich das gesellschaftliche Umfeld - man denke nur an die Bereitschaft vieler Männer eine berufliche Auszeit für ihre Neugeborenen zu nehmen - dahingehend geändert, dass Frauen eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zur Verfügung steht. Sie wissen, dass sie dem feministischen Kampf um weibliche Freiheit und Selbstbestimmung viel verdanken. Das hindert sie jedoch nicht daran, ihre Zukunft selber in die Hände zu nehmen.

Dass Kristina Schröder es wagt, sich dem herrschenden Zeitgeist entgegenzustellen, verdient Respekt. So klare Worte und zudem das Besetzen eindeutiger Positionen hat man von einem Mitglied des Kabinetts, dass in zu vielen Bereichen eher stromlinienförmig agiert, lange nicht mehr vernehmen dürfen.




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