Die begeisterten Leser von „Blackout“ oder „Zero“, zwei absolute Pageturner von Marc Elsberg, dürften sich angesichts seines neuen Romans verwundert die Augen reiben. Die Welt steht ökonomisch am Abgrund, die Staaten sind hoch verschuldet und wieder einmal droht ein, diesmal allerdings finaler Wirtschaftscrash. Bürger drohen zu verarmen, die Gesellschaften beginnen zusammenzubrechen, bewaffnete Konflikte drohen, Ordnung wird durch Anarchie ersetzt und die Reichen und Schönen, also diejenigen, die für das Desaster verantwortlich zeichnen, setzen sich nach Neuseeland, in ihre Doomsday Resorts ab.
Während Teile der oberen Zehntausend bei einem streng abgeschotteten Sondergipfel in Berlin verzweifelt Lösungen suchen, demonstrieren draußen die Menschen gegen Massenarbeitslosigkeit und die drohenden Sparpakete, die ausgerechnet denen zugutekommen, die auch diese Krise ausgelöst haben. Doch es gibt Hoffnung, denn der Nobelpreisträger Herbert Thompson soll eine Rede halten, in der er die Formel vorstellt, mit der Wohlstand für alle möglich ist. Bevor er seine Theorie dem Plenum vorstellen kann, werden er und sein enger Mitarbeiter allerdings getötet. Doch es gibt einen Augenzeugen, der bald um sein Leben fürchten muss.
Was für eine Geschichte hätte man daraus machen können. Herausgekommen ist ein etwas konfuser Roman, Thriller wäre arg übertrieben, der sich aus den Töpfen Wirtschafts- und Gesellschaftskritik, ökonomische Theorie, Politik, Reichtum, Korruption, Killerkommandos und Verfolgungsjagden bedient, ohne wirklich spannend und interessant zu sein.
Die Handlung ist flach, die Figuren noch flacher und der Zeuge des Attentats auf die Wissenschaftler eine so unbedarft angelegte Hauptperson, dass man der Meinung sein könnte, er würde sich sogar auf seinem Weg zur Arbeit in Schwierigkeiten bringen. Es macht keinen Spaß den neuen Elsberg zu lesen, denn er verzichtet auf nahezu alles, was zu einem Thriller gehört: Spannung, eine interessante Handlung, ausdrucksstarke Charaktere und einen überraschenden aber glaubwürdigen Schluss.
Der allerdings kommt in „Gier“ wie die Bergpredigt light daher, sodass der Leser am Ende auf den Gedanken kommen könnte, das Drehbuch zu einer Produktion des Öffentlich-Rechtlichen vor sich zu haben. Schade eigentlich, denn Marc Elsberg hat in der Vergangenheit beweisen, dass er ein begnadeter Erzähler relevanter Technik- und Gesellschaftskritik ist. Aus diesem Grund schmerzt die Lektüre seines neuen Romans umso mehr.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 16. März 2019