Buchkritik -- Dirk Neubauer -- Rettet die Demokratie!

Umschlagfoto, Buchkritik, Dirk Neubauer, Rettet die Demokratie!, InKulturA Mit der Demokratie in unserem Land ist es so eine Sache. Die, die sich gern als „Demokraten“ bezeichnen, betrachten die, die demokratische Regeln einfordern, spätestens nach den Wahlen als bestenfalls lästig. Teilhabe, auch ein Wort, das die politische Elite gern im Mund führt, soll sich am besten auf das Setzen des Kreuzchens auf dem Wahlzettel beschränken und ansonsten sollen die Bürger, also diejenigen, die ihre vermeintlichen Interessenvertreter wählen, politische Arbeit doch lieber den Profis, den Listenplazierten und den Parteien überlassen. Nach dem Motto „Wir wissen, was gut für den Bürger ist“ haben sich letztere, die Parteien, unsere Republik zur Beute gemacht.

Wie anders könnte, sollte, müsste man das viel beschworene, doch selten eingelöste Versprechen bürgerlicher Teilhabe am demokratischen Prozess in die Realität der Menschen, in deren Lebenswelt umsetzen, damit sich die, die glauben – oftmals nicht zu Unrecht – abgehängt und ignoriert zu werden, wieder am gesellschaftlichen Miteinander beteiligen?

Dirk Neubauer glaubt(e) ein Rezept gegen Politikverdrossenheit vieler Bürger gefunden zu haben. 2013 wurde er, damals noch parteilos, das erste Mal zum Bürgermeister des sächsischen Augustusburg gewählt. Später trat er in die SPD ein. Neubauer wollte zeigen, dass man auch in Parteien etwas bewegen kann. Vielleicht wäre diesbezüglich der Konjunktiv angesagt gewesen...

Sein Rezept? Bürgerbeteiligung! Einfach und bestechend, den demokratischen Gedanken dahin gebracht, wo er hingehört. Kann, konnte das gutgehen? Der kommunale Raum ist längst von der großen Politik aufgegeben worden. Finanziell schlecht ausgestattet, kann er seinen Aufgaben, sei es die Sanierung einer Straße, sei es der Bau eines Sport- oder Spielplatzes, nicht in dem Rahmen nachkommen, wie es notwendig wäre. Nicht zuletzt daraus entsteht, so Dirk Neubauer, der Frust, der viele Bürger dazu führt, ihn Kreuz bei einer Alternative – immerhin demokratisch legitimiert – zu machen.

Doch ob die Demokratie (noch) zu retten ist, wenn Bürger auf kommunaler Ebene mehr Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten bekommen, darf bezweifelt werden, denn bei aller Wichtigkeit lokaler Mitbestimmung dürften die Probleme und die Entfremdung eine, wenn nicht mehrere Ebenen höher angesiedelt sein.

Nicht wenige Politiker, das schreibt Neubauer vollkommen richtig, betrachten ihr Gewerbe eher hinsichtlich der eigenen Karriereplanung und weniger im Sinn der Bürger, zu deren Lebensrealität das politische Personal längst keinen Bezug mehr hat. Zu viel Verwaltung und zu wenig kommunale Möglichkeiten. Doch um die Belange der Bürger geht es längst nicht mehr. Die Beispiele, die Dirk Neubauer in seiner Streitschrift schildert, dürften nicht nur in den östlichen Teilen Deutschlands, da wo die Kreuze oft an den „falschen Stelle“ gemacht werden, an der Tagesordnung sein.

So hat auch der Bürgermeister des sächsischen Augustusburg das Handtuch geworfen und kehrt zumindest den Sozialdemokraten wieder den Rücken. Wie bereits gesagt: Mit der Demokratie in unserem Land ist es so eine Sache.




Veröffentlicht am 15. Juni 2021