Buchkritik -- Alfred Goubran -- Die Hoffnungsfrohen

Umschlagfoto, Buchkritik, Alfred Goubran, Die Hoffnungsfrohen, InKulturA Elias, ein junger Mann, taucht eines Tages auf dem Anwesen der Familie Schwarzkogler auf. Verlaufen? Flüchtig? Wir erfahren nur, dass er aus einfachen wirtschaftlichen und intellektuellen Verhältnissen stammt. Er findet für eine Nacht Unterschlupf bei der Einheimischen Franziska, doch am nächsten Tag führt ihn sein Weg zum Schwarzen Schloss, dessen Besitzer wir nicht kennenlernen, doch erfahren, dass er Arzt ist und im Dorf von Krebs gezeichneten Menschen und ihren Familien eine Bleibe bietet. Seine Tochter Isabel, die Elias an der Tür empfängt, zeigt ihm sein Zimmer und die umfangreiche, seit Jahren jedoch ungenutzte Bibliothek, die er katalogisieren soll.

Fürwahr eine fast unlösbare Aufgabe für den Autodidakten Elias, dessen Wissenshunger nur von der Fülle seiner eher unsystematisch erlesenen philosophisch-literarischen Bruchstücke übertroffen wird. Je mehr er sich in die ihm zugewiesene Arbeit vertieft, desto öfter schweifen seine Gedanken ab, versinkt er in der vorhandenen Sammlung der Bücher, deren Themen hauptsächlich wissenschaftlicher Natur sind.

Goubrans Protagonist will sich aus der Sprachlosigkeit, aus dem Schweigen seiner Herkunft befreien und, immer eklektisch, vertieft er sich im papiernen Labyrinth der Schwarzen Bibliothek. Hier wo alles noch analog ist, wo die digitale Welt außen vor bleibt, verliert er nach und nach seine Aufgabe aus den Augen und unternimmt, vom Autor stilistisch hervorragend inszeniert, den Versuch, sich selber im Geflecht des Seins zu verorten, immer ahnend, dass das Individuum letztendlich zur Einsamkeit verdammt ist.

Ês ist keine leichte Lektüre, die Alfred Goubran vorlegt. Introspektionen wechseln mit Auszügen aus Werken, die sich für Elias als herausfordernde Fundgrube des Wissens darstellen. So anachronistisch wie das Schloss, die sog. Errungenschaften der Technik sind nicht vorhanden, ist auch die Bibliothek, in der hauptsächlich ältere Werke zu finden sind. Die Zeit scheint hier stillzustehen und fordert eben durch die Abwesenheit der Moderne Exkursionen – „Gedankenhündchen“ und „Zitierpudel“ – in das eigene Bewusstsein.

Nicht zuletzt diese beiden Weggenossen sorgen für stimmige Begleitung in diesem, auf hohem literarischen Niveau sich bewegenden Roman.




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Veröffentlicht am 28. Februar 2023