Buchkritik -- Ludwig Cardano -- Die Glocke

Umschlagfoto, Buchkritik, Ludwig Cardano, Die Glocke, InKulturA Michael Manolis ist Lehrer an einem Gymnasium und unterrichtet Geschichte und Geografie. Sein Herz schlägt allerdings für eine andere Leidenschaft, denn seine wahre Berufung ist die Schriftstellerei. Leider mit mäßigem Erfolg, das findet jedenfalls seine Verlegerin und schickt ihn an den Schwarzsee, quasi ein schriftstellerisches Exil zur Erhöhung seiner Kreativität und der Verkaufszahlen seiner Bücher. Er soll, profan ausgedrückt, einer ollen Kamelle modernes Leben einhauchen. „The Lady of the Lake“ von Walter Scott und Rossinis Oper „La donna del Lago“ als Vorlagen, soll das Thema zeitgemäß, real jedoch als Objekt staatlicher Kunstförderung adaptiert werden. Er wird seine ganz persönliche Dame vom See kennenlernen und mitten in einem Wahnsinn aus Gier, Verblendung und krimineller Energie landen.

Elena Coltrano heißt die Schöne, die Manolis, der mitten in der Bewältigung der Trennung von seiner Frau steckt, in ihren Bann zieht. Zusammen mit ihrem Vater lebt sie auf einer Insel im Schwarzsee, in dem, wie es sich für einen Alpensee gehört, in den letzten Kriegstagen ein Nazi-Schatz versenkt worden sein soll. Diesen versucht seit Jahren Elenas Vater, zusammen mit seinen Faktotum Hausmann, zu finden.

Es mischen bei dieser Suche diverse Interessengruppen mit und hinter den Kulissen ziehen alte Kalte Krieger die Fäden, deren Plan jedoch von den sich abzeichnenden Fakten über den Haufen geworfen wird. Es ist eine munter bis skurril ablaufende Handlung, die Ludwig Cardano dem Leser oft augenzwinkernd anbietet. Mittendrin der stets um Inspiration für sein Projekt ringende Autor, der, als auch noch ein Besucher aus der Vergangenheit auftaucht, schier um seinen Verstand fürchtet. Manolis, ein Held wider Willen, schafft es mühsam und nur mit Unterstützung seiner Ex-Frau die nicht wenigen losen Fäden der Schatzsuche zusammenzufügen.

„Die Glocke“ ist ein herrlich hintergründiger Thriller, der auf seine eigene Weise das erreicht, was Frau Schwarz, die Lektorin des Autors von diesem vergeblich fordert: „Die Dame vom See“ in eine zeitgenössische Variante zu verwandeln. Die hat es, zumindest aus der Feder dieses Autors, für alle Beteiligten in sich, für einige sogar letal endend.

Was ist Realität und was Fiktion? Das fragt sich nicht nur Manolis, sondern auch das Lesepublikum, denn Ludwig Cardano gelingt es immer wieder, seinem Thriller im richtigen Augenblick eine neue Wendung zu geben. Wer intelligente und spannende Unterhaltung sucht, die zudem mit einer Prise Humor angereichert ist, der kommt hier auf seine Kosten. Absolute Leseempfehlung.




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Veröffentlicht am 21. Juli 2019