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Buchkritik -- Linus Geschke -- Der Trailer

Umschlagfoto, Buchkritik, Linus Geschke, Der Trailer, InKulturA Camp Donkerbloem, dieser idyllische wie gepflegte Campingplatz in den Ardennen unweit von Malmedy, erscheint auf den ersten Blick als Inbegriff familiärer Harmonie. Doch an manchen Wochenenden schlägt hier die Stimmung um in düstere Untertöne. Linus Geschke entführt mit dem Auftakt der Donkerbloem-Trilogie in ein Geflecht aus ländlicher Idylle und urbaner Kriminalität, in dem sich unheilvolle Geheimnisse und menschliche Abgründe eindrücklich entfalten.

Vor vierzehn Jahren verschwand Lisa, eine junge Solo-Reisende, spurlos, nachdem sie einen der Trailer auf dem Campingplatz gemietet hatte. In der Nacht von Samstag auf Sonntag verliert sich jede Spur von ihr. Die Ermittlungen verlaufen im Sande, bis man den Fall mit der resignierten Erklärung, sie sei im nahegelegenen Moor ertrunken, offiziell abschließt; ein trauriges Ende für eine verlorene Seele.

Vierzehn Jahre später erweckt ein True-Crime-Podcast diesen Fall wieder zum Leben. Tobias, der Macher der Sendung, kombiniert akribische Recherche mit einer suggestiven Erzählweise, um das Schweigen um Donkerbloem zu durchbrechen. Zu den Beteiligten gehört Frieda, eine suspendierte Hauptkommissarin aus Hamburg, deren beharrlicher Gerechtigkeitssinn sie offenbar zu nahe an mächtige Kreise geführt hat. Da sie Lisa aus gemeinsamen Jugendtagen kennt, wird ihre Rolle im Podcast zur persönlichen Mission.

In Köln stößt Wout Meertens, Barbesitzer mit zweifelhafter Vergangenheit, auf den Podcast und erkennt sein eigenes Dunkel in den Berichten über Donkerbloem wieder. Die Erinnerung an den Platz und den skrupellosen Betreiber weckt in ihm den Wunsch, sich seiner Schuld zu stellen. Er rekrutiert zwei Vertraute: Kathinka, die Narben aus früheren Lebenserfahrungen trägt und deren Kombinationsgabe entscheidend ist, sowie Tayfun, dessen Lebensweg ohne Wouts Hilfe in eine noch tiefere Krise gerutscht wäre. Zunächst verweigert Wout kategorisch jede Zusammenarbeit mit der Polizei, doch als alle einstigen Zeugen unter mysteriösen Umständen ums Leben kommen, zerbricht auch sein letzter Vorbehalt.

Erst im Schulterschluss mit Frieda formiert sich das ungleiche Ermittlungsteam, das rasch erkennt, dass nicht nur Lisas Schicksal, sondern auch ihr eigenes auf dem Spiel steht. Geschke zeichnet seine Figuren so überzeugend, dass man jede ihrer Entscheidungen mitfiebert: Wout, im Kern gut und dennoch im Würgegriff der eigenen Geschichte; Kathinka, trotzig und scharfsinnig; Tayfun, loyal und mutig; und Frieda, deren unerschütterlicher Wille, die Wahrheit ans Licht zu bringen, selbst die härtesten Rückschläge überdauert.

Mit einer präzisen und unsentimentalen Diktion und einem sorgfältig dosierten Erzähltempo zieht der Autor den Leser in seinen Bann. Das Thema Gewalt gegen Frauen wird hart und schonungslos fokussiert. Am Ende steht eine Wendung, die so überraschend wie verstörend ist und eine gemeinsam getroffene Entscheidung von möglicherweise folgenreicher Tragweite.

Absolute Leseempfehlung, zumal es einige lose Fäden gibt, deren Verknüpfung noch aussteht und die das Warten auf den zweiten Teil der Trilogie schwermachen.




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Veröffentlicht am 11. Juli 2025