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Buchkritik -- Hendrik Streeck -- Das Institut

Umschlagfoto, Buchkritik, Hendrik Streeck, Das Institut, InKulturA Der tödliche Sprung einer jungen Wissenschaftlerin von dem Dach des Instituts, in dem sie an einem revolutionären Forschungsprojekt arbeitete, wird von den Behörden rasch als Akt des Selbstmords deklariert und ohne weitere Nachforschungen zu den Akten gelegt. Nur dem hartnäckigen Ermittler Vincent fallen dabei die ersten Unstimmigkeiten auf, die ihn trotz der eindringlichen Warnungen seines Vorgesetzten dazu veranlassen, auf eigene Faust tiefer in den Fall einzutauchen. Schon bald zeichnet sich ab, dass hinter dem tragischen Tod weit mehr steckt als ein Suizid und es eröffnet sich ein komplexes Netz aus Intrigen und Geheimnissen.

Hendrik Streeck, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn und eine der wenigen besonnenen wissenschaftlichen Stimmen inmitten der stürmischen Corona-Pandemie, wagt sich in diesem Werk auf ein literarisches Terrain, das normalerweise ausschließlich von Autoren vom Kriminalromanen bedient wird. Es überrascht nicht, dass dieses Buch weniger als konventioneller Thriller gelesen wird, sondern vielmehr als ein aufschlussreicher Insiderbericht, der sich kritisch mit den Methoden, den finanziellen Abhängigkeiten und der ökonomisch-militärischen Einflussnahme auf Forschungsergebnisse auseinandersetzt und dabei auch die Frage erörtert, inwiefern diese Resultate für kommerzielle oder militärische Zwecke missbraucht werden könnten.

Der Leser wird dabei in eine Welt entführt, in der Wissenschaft als ein gnadenloses Haifischbecken erscheint, in dem erbitterte Kämpfe mit harten Bandagen ausgetragen werden. Das altbekannte Credo „Publish or perish“ – zu Deutsch etwa: „Veröffentliche oder gehe unter“ – wird zur unbarmherzigen Lebensphilosophie, die über die Existenz der Forscher entscheidet, denn ohne einen stetigen Fluss von Fördergeldern droht das gesamte Fundament der wissenschaftlichen Arbeit zu zerbrechen. In diesem Spannungsfeld liegt die verführerische Versuchung, Forschungsergebnisse nicht unbedingt objektiv zu präsentieren, sondern sie im Sinne der Auftraggeber oder der dahinterstehenden Geldgeber zu manipulieren; sei es durch subtile Anpassungen oder durch gar fragwürdige Fälschungen.

Parallel dazu bietet der Roman dem interessierten Laien einen tiefen Einblick in die Welt der Virenforschung. Fachliche Hintergründe und wissenschaftliche Zusammenhänge werden dabei so anschaulich und verständlich dargestellt, dass das Buch stellenweise den Charakter eines Sachbuchs annimmt. Diese didaktische Aufbereitung ist keineswegs als Schwäche zu werten, sondern vielmehr als ein Beleg für das beeindruckende Fachwissen des Autors, der es versteht, selbst komplexe wissenschaftliche Sachverhalte auch dem wissenschaftlichen Laien zu vermitteln. Im Gegensatz dazu bleibt die Figur des jungen Kriminalpolizisten Vincent teilweise etwas schemenhaft und unrealistisch, wodurch sein Charakterprofil nicht in demselben Maße an Tiefe und Glaubwürdigkeit gewinnt wie das der anderen handelnden Personen.

Die brisanten Forschungsarbeiten der verstorbenen Wissenschaftlerin entfalten zudem ein gefährliches Interesse auf internationaler Ebene. Insbesondere die Begehrlichkeiten des amerikanischen sowie des chinesischen Militärs rücken in den Vordergrund, denn beide Seiten sind bereit, nahezu alle Mittel einzusetzen, um an diese brisanten Informationen zu gelangen. Diese geopolitische Dimension wirft ein Schlaglicht auf das gefährliche Wechselspiel zwischen wissenschaftlicher Neugier und militärischen wie wirtschaftlichen Interessen.

Abschließend stellt der Roman provokant die Frage, wie bedrohlich das Zusammenspiel von ökonomischen und militärischen Interessen in der Virenforschung tatsächlich ist und wer letztlich die Zügel in diesem undurchsichtigen System in der Hand hält. „Das Institut“ präsentiert sich als eine faszinierende Mischung aus Realität und Fiktion, die aktuelle gesellschaftliche und politische Spannungen reflektiert und gleichzeitig den Leser dazu anregt, über die Grenzen und Möglichkeiten moderner Wissenschaft nachzudenken.

Eine klare Leseempfehlung für alle, die sich für einen spannungsgeladenen und zugleich aufklärerischen Blick hinter die Kulissen der wissenschaftlichen Forschung interessieren.




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Veröffentlicht am 14. März 2025