Buchkritik -- Johannes Bronisch -- Der Kampf um Kronprinz Friedrich

Umschlagfoto  -- Johannes Bronisch  --  Der Kampf um Kronprinz Friedrich Am 24. Januar 2012 jährt sich der Geburtstag von Friedrich dem Großen zum 300sten Mal. Aus diesem Anlass liegen bereits jetzt in den Schaufenstern der Buchläden zahlreiche Neuerscheinungen, die dem beliebtesten und bekanntesten Herrscher Deutschlands gewidmet sind. Ob die Mehrzahl von ihnen dem historisch Interessierten etwas Neues über Friedrich II. zu bieten hat, bleibt dahingestellt. Zu groß ist die verlegerische Versuchung von der aktuellen Hype zu profitieren.

Anders sieht es mit dem Buch von Johannes Bronisch Der Kampf um Kronprinz Friedrich aus. In seinem kleinen Band widmet er sich einer hinter den Kulissen abspielenden diplomatischen Intrige, die vom habsburgischen Österreich-Ungarn und Sachsen-Polen initiiert wurde. Unabhängig voneinander waren sowohl Wien als auch Warschau und Dresden darum bemüht, sich politischen Einfluss auf den Thronfolger zu verschaffen.

Beide Parteien benutzten Ernst Christoph von Manteuffel, einen Landadeligen aus dem abgelegenen Pommern, um ihr Ziel zu erreichen. Manteuffel, in Sachsen in Ungnade gefallen, nahm die Aufträge dankend an, brachten sie ihn doch wieder in das Zentrum der Macht, diesmal am Preußischen Hof, zurück. Ernst Christoph von Manteuffel war, wenn man es so nennen will, der erste Doppelagent in der aufstrebende Monarchie Preußens im 18. Jahrhundert.

Er verkörperte, um einen modernen Ausdruck zu benutzen, das Bild eines Elder Statesman, das ihn zum Lehrer und Vertrauten des Kronprinzen machte. Das Verhältnis zwischen beiden war anfänglich durchaus als innig zu bezeichnen. Dreh- und Angelpunkt des Manteuffelschen Einflusses auf den jungen Friedrich war der von König Friedrich Wilhelm I., dem Vater des Kronprinzen, 1723 aus Preußen ausgewiesene Philosophieprofessor Christian Wolff.

Ernst Christoph von Manteuffel machte sich das gestörte Verhältnis zwischen dem Kronprinzen und seinem Vater zunutze und war zunächst erfolgreich bemüht, die philosophische Lehre Wolffs in seinem Schützling zu verinnerlichen. Wolff war sowohl der Meinung, dass sich die biblische Offenbarung und die menschliche Vernunft ergänzen, als auch ein Verfechter der auf Platon zurückgehenden Idee des "Philosophenkönigtums". Genau das war der Hebel, den Manteuffel ansetzen konnte, wollte er zur Zufriedenheit seiner Auftraggeber in Wien und Dresden tätig werden. Er tat sein Möglichstes, um den Kronprinzen davon zu überzeugen, dass ihm diese Rolle nach dem Tod seines Vaters zukommen würde. Der erwies sich jedoch als kritischer Geist und holte sich, unbefriedigt über die Wolffsche Definition zur Unsterblichkeit der menschlichen Seele, mit dem französischen Literaten und Spötter Voltaire einen dezidierten Kirchenkritiker nach Rheinsberg. Infolgedessen kam es zu einem dauerhaften Bruch mit Ernst Christoph von Manteuffel. Wien und Dresden hatten das Nachsehen

Johannes Bronisch erzählt in seinem Buch Der Kampf um Kronprinz Friedrich die historisch nahezu unbekannte Geschichte einer versuchten Einflussnahme. Zum Thema Friedrich der Große ist anscheinend noch lange nicht alles gesagt. Der Autor hat das mit seinem intensiven Quellenstudium bewiesen. Das Ergebnis ist eine herausragende Lektion in Sachen Geschichte, die durch ihren erzählerischen Charakter beispielhaft ist. Wer behauptet, dass Geschichte langweilig ist, der sollte dieses Buch lesen.




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