Buchkritik -- Stephan A. Towfigh / Wafa Enayati -- Die Bahá'í-Religion

Umschlagfoto  -- Stephan A. Towfigh / Wafa Enayati In Zeiten religiös motivierter Gewalt und Intoleranz gegenüber Andersgläubigen ist es notwendig darzulegen, dass Religion im Allgemeinen eine vollkommen andere Tendenz, eine andere Zielrichtung und ein anderes Selbstverständnis besitzt, als es von religiösen Fundamentalisten interpretiert, bzw. doktrinär behauptet wird.

Jede große Religion hat Fanatiker in ihren Reihen, die sich, den jeweiligen Glauben verabsolutierend, im Besitz einer ewigen und allgemeingültigen Wahrheit wähnen. Aktuell werden wir Zeuge einer, von islamischen Fundamentalisten geprägten Koraninterpretation, welche die Errungenschaften einer zivilisierten Welt negieren und die anstelle dessen einen Gottesstaat nach islamischer Prägung ausrufen wollen.

Ein Blick auf die drei großen monotheistischen Religionen könnte zu dem Schluss führen, dass Intoleranz und Gewalt religionsimmanent sind und somit ein Kernproblem jedes Glaubens. Dass dies nicht der Fall sein muss, zeigt die Religion der Bahai.

Die Bahá´í-Religion geht zurück auf den 1819 in Schiraz/Iran geborenen Sayyid Ali Muhammad, genannt der Bab. Die Anhänger des Babismus waren in erster Linie Schiiten. Von den schiitischen Geistlichen wurde der Babismus jedoch abgelehnt und der Bab wurde am 9. Juli 1850 in Täbris hingerichtet. 1848 übernahm Mirza Husayn Ali Nuri, der später Baha’u’llah genannt wurde, die Babi-Gemeinde. Aktuell hat die Bahá´í-Religion ca. acht Millionen Anhänger und wirkt hauptsächlich in Indien, Afrika, Süd- und Nordamerika.

Stephan A. Towfigh und Wafa Enayati bringen die jüngste der Universalreligionen in ihrem Buch Die Bahá'í-Religion einem breiten Publikum zur Kenntnis. Beschrieben werden die Ziele, das Wirken und die Grundsätze dieser Glaubensgemeinschaft. Neben einer kurzen Darstellung der spirituellen Inhalte und einem ebenso kurzen wie präzisen Überblick über die historische Entwicklung zeigen die Autoren die Arbeit und die Mission der heutigen Bahá'í-Gemeinde. Den Abschluss bilden ausgewählte Texte und Gebete aus den Bahá'í-Schriften.

Interreligiöser Dialog, gelebte Toleranz, individuelle Freiheit und die Gleichheit zwischen Mann und Frau sind die Hauptpfeiler dieser Glaubenslehre. Nach Auffassung der Bahá'í-Lehre gibt es nur einen Gott und alle Religionen haben ihm nur verschieden Namen gegeben. Alle Religionsstifter waren Gottesboten, die in Gestalt von Jesus, Buddha, Moses, Mohammed oder Baha’u’llah Gottes Botschaft verkündet haben.

Über Letzteres kann man diskutieren, denn der Vergleich zwischen dem spirituellen Weg eines Buddhisten und dem eines Moslems zeigt doch einige grundlegende Unterschiede. Eher sollte, und die Autoren betonen das auch, das Gemeinsame in den Weltreligionen suchen. Genau bei den moralischen Handlungsanweisungen, bei den Fragen nach Gut und Böse, nach Richtig und Falsch, stellt sich dann auch die größte Übereinstimmung zwischen den Religionen heraus.

Das Buch Die Bahá'í-Religion stellt auf knapp 130 Seiten diese Glaubensgemeinschaft vor. Es ist, wie der Untertitel lautet, ein Überblick und diesem Anspruch wird es auch gerecht. Wer sich darüber hinausgehend informieren will, dem sei die am Ende des Buches gegebene Auswahl an weiterführender Literatur zu empfehlen.




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