Buchkritik -- Felix Scharlau -- Fünfhunderteins

Umschlagfoto, Felix Scharlau, Fünfhunderteins, InKulturA Bei einer Wohnungsauflösung findet Korkmaz, der Chef der Enrümpelungsfirma, das Tagebuch des verstorbenen Mieters. Darin erzählt Jan Borgmeier, in seiner Jugend besser bekannt als DJ Moonshine, den Verlauf seines Weltrekordversuchs im Dauerauflegen. Dazu muss es ihm gelingen, 501 Stunden hintereinander als DJ aufzulegen. Keine leichte Arbeit, doch der Erfolg wird mit einem Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde belohnt.

"Fünfhunderteins" von Felix Scharlau ist ein launiges Buch über die 90er Jahre, wo ein Freizeit-DJ aus Neckereckingen - schwäbische Provinz - sich so seine Gedanken über die Zukunft, den Sinn des Lebens und seine erste große Liebe macht. Es gilt, nach der Ausbildung zum Feinmechaniker, etwas besonderes zu machen. Zum Leidwesen seiner Mutter steht ihm der Sinn nach Höherem, nach etwas, das vermeintlich Bestand hat und das allemal besser ist, als Uhren zu bauen. Da bietet es sich natürlich an, Hobby und Rekordversuch miteinander zu kombinieren.

DJ Moonshine beginnt noch vor seinem Rekordversuch ein Tagebuch zu führen, in dem er seine Vorbereitungen und seine Gefühlswelt während des Dauerauflegens beschreibt. Es ist mit viel Vergnügen zu lesen, dieses Tagebuch eines jungen Mannes, der fest an sich und seine Mission glaubt. Minutiös erfährt der Leser von den sich im Verlauf der Geschichte verwischenden Befindlichkeiten Jans.

Es ist ganz schön schwer, 22 Tage fit und munter zu bleiben, um unter den strengen Blicken des aus London angereisten Beobachters, der über die Einhaltung der Regeln wacht, zu bestehen. So muss sich DJ Moonshine aller Tricks bedienen, die ihm zur Verfügung stehen. Gar nicht so einfach, denn "Der einzige Dealer im Dorf ist mit seinen Eltern an die Adria gefahren,...". Es sind Sätze wie dieser, die den Roman so gelungen machen

Felix Scharlau versteht es ausgezeichnet, mit leichter Hand seine überaus sympathischen Figuren, allen voran natürlich Jan Borgmeier, zu zeichnen. So ist dann auch das mehr und mehr um sich greifende Chaos gegen Ende des Rekordversuchs zum Brüllen komisch, gleitet jedoch nie in bloßen Klamauk ab.

Trotzdem liegt über dem Roman, geschickt eingebunden in den Versuch des Wohnungsauflösers Korkmaz, etwas über den ehemaligen Mieter der Wohnung in Erfahrung zu bringen, ein Hauch von Melancholie und Traurigkeit. Was bleibt von einem Leben übrig? War es sinnvoll und hat es den Verlauf genommen, von dem der Mensch einst geträumt hat? Hier spielt der Autor gekonnt mit leisen, aber eindringlichen Tönen. Und genau das macht den Roman zu einem literarischen Leckerbissen.




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Veröffentlicht am 18. November 2013